Dossier

Amazonien: Entwaldung, „Entwicklung“ und Widerstand

Der Kampf um den größten Regenwald der Welt

Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Brasilien ist das vor bereits mehreren Monaten vom FDCL herausgegebene Dossier „Amazonien: Entwaldung, „Entwicklung“ und Widerstand – Der Kampf um den größten Regenwald der Welt“ aktueller denn je.

Der rechtsradikale Jair Bolsonaro hat als Kandidat der extremistischen Sozialliberalen Partei (PSL) auch die zweite Runde der Präsidentschaftswahl in Brasilien am 28.10.2018 klar gewonnen. Nicht nur im Hinblick auf die Lage der Demokratie und Menschenrechte in Brasilien ist dies besorgniserregend. Auch für die Perspektiven Amazoniens verheißt dies nichts Gutes. In der Tat sind die Erklärungen Bolsonaros und seiner Unterstützer/innen betreffs seiner Pläne für die Amazonasregion und den Umweltschutz alarmierend.

Besonders gravierend sind dahingehend die folgenden Punkte:

  • die geäußerte Absicht, Brasilien aus dem Klimaübereinkommen von Paris herauszulösen;
  • die Auflösung des Ministeriums für Umweltschutz bzw. dessen Fusion mit dem Ministerium für Landwirtschaftliche Entwicklung. Dessen Leitung übernimmt ein Vertreter der überparteilichen Farmerfraktion im Parlament, die zu den Hauptunterstützern Bolsonaros im Wahlkampf zählten und verantwortlich sind für die einschneidendsten Rückschritte im Umweltbereich während der letzten Regierungen;
  • die angedrohte Aufhebung der Demarkation der indigenen Territorien, was den Bestimmungen der brasilianischen Verfassung zuwider läuft, sowie die Absicht, den indigenen Gebieten den Status als öffentliche Ländereien abzuerkennen. Damit soll deren Verkauf legitimiert und so deren Ausbeutung durch Agrarindustrie- und Bergbauunternehmen ermöglicht werden.
  • die Erklärung, dass die Mittel für die Überwachung und Bekämpfung der Entwaldung begrenzt oder sogar ganz gestrichen werden sollen.

Schon jetzt ist Brasilien für Umweltschützer*innen/Menschenrechtsverteidiger*innen das lebensgefährlichste Land der Welt. Mit dem Wahlsieg eines Befürworters von Waffengewalt und der Öffnung der Waldgesetze für eine massive Abholzung droht die Gewalt explosionsartig anzusteigen. Zu einem Zeitpunkt, zu dem der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen der Vereinigten Nationen IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) die Notwendigkeit einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius postuliert hat, als einzige Möglichkeit, den Tod von Millionen von Menschen und ganzer Spezies zu vermeiden, müssen die Äußerungen von Bolsonaro in höchstem Maße alarmierend für den gesamten Planeten klingen.

Dossier „Amazonien: Entwaldung, „Entwicklung“ und Widerstand – Der Kampf um den größten Regenwald der Welt“

Die Beschäftigung mit Amazonien hat neue Aktualität erlangt. Zum einen zeigt der Anstieg der Entwaldungszahlen, dass die Dynamik der Vernichtung des Regenwaldes keineswegs unter Kontrolle ist, zum anderen sind die jüngsten politischen Entwicklungen besorgniserregend. Es scheint, dass nach der umstrittenen Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff das Agrobusiness in Brasilien noch mehr an Macht gewinnt und Umweltpolitik sowie der Schutz der Rechte indigener Völker und traditioneller Gemeinschaften zusehends marginalsiert wird. Die verschiedenen Gesetzesvorhaben zur Reduzierung von Schutzgebieten und die massive Kürzung von Geldern sind ein deutlicher Indikator für diese Entwicklung.

Mit diesem Dossier will das Forschungs‐ und Dokumentationszentrum Chile‐Lateinamerika (FDCL) in mehreren Beiträgen einen Überblick zu den aktuellen Entwicklungen in Amazonien liefern. Ausgangspunkt ist der zentrale Stellenwert, den Amazonien in der internationalen Umweltpolitik einnimmt, der auch in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) mit der Region seinen Niederschlag findet und sich in der öffentlichen Wahrnehmung widerspiegelt. Das Dossier zeigt die verschiedenen Aspekte und Triebkräfte der jüngeren Entwicklung Amazoniens auf, um damit sowohl die Akteure der Entwaldung zu benennen als auch dazu beizutragen, die ökonomischen und sozialen Ursachen der Entwicklung in Amazonien besser zu verstehen. Der regionale Fokus liegt dabei auf der Entwicklung in Brasilien mit Ausblicken auf andere Amazonasländer wie Ecuador oder Kolumbien.

Das Dossier beginnt mit einem Überblick zu den Ursachen der Entwaldung, dessen zwischenzeitlichem Rückgang und Wiederanstieg in den letzten Jahren, weil dies im Augenblick den Fokus der internationalen Debatte spiegelt. In weiteren Beiträgen werden anschließend die Mechanismen der neuer Aneignungsprozesse in Amazonien im Kontext des Entwicklungsmodells analysiert, eine kritische Bewertung globaler wie regionaler Politikansätze des Schutzes der amazonischen Regenwälder vorgenommen, Positionen der brasilianischen Zivilgesellschaft skizziert und vor diesem Hintergrund Konsequenzen für die deutsche EZ in diesem Feld und Kooperationen mit zivilgesellschaftlichen Akteuren in Brasilien diskutiert.

 

 

 

Zur Kampagne „Hands on the Land for Food Sovereignty“

 

Inhalt

Download hier:

1  Einleitung

2  Amazonien 2016 – Fakten und Tendenzen / Das Gespenst der Entwaldung kehrt zurück

3  Was die Satellitenbilder nicht zeigen: Landraub als Verursacher von Entwaldung

4  Amazonien und das Klima: Eine erste Bilanz von REDD+ in Amazonien / Amazonien in der nationalen Klimapolitik

5  Amazonien als Entwicklungsregion: alte Fragen und neue Tendenzen

6  Zivilgesellschaft und soziale Bewegungen in Amazonen: zwischen Widerstand und Kooperation

 

Impressum

Herausgeber:
Forschungs‐ und Dokumentationszentrum Chile‐Lateinamerika e. V. – FDCL
Gneisenaustraße 2a, D ‐10961 Berlin, Germany
Fon: +49 30 693 40 29 / Fax: +49 30 692 65 90
E‐Mail: info@fdcl.org / Internet: www.fdcl.org

Amazonien Dossier:
Entwaldung, „Entwicklung“ und Widerstand ‐ Der Kampf um den größten
Regenwald der Welt

Autor: Thomas Fatheuer
Lektorat: Jan Dunkhorst
Layout: Viola Güse
Titelbild: Marcelo Camargo (Agência Brasil)

 

Mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union.
Für den Inhalt dieser Publikation ist allein das FDCL e. V. verantwortlich; die hier
dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt der Europäischen Union
wieder.

 

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