Studien

TEILHABE IN TRÜMMERN:

DIE AUFLÖSUNG DES NATIONALEN ERNÄHRUNGSRATES CONSEA IN BRASILIEN

“Hunger tut weh, und zwar in der Seele”, so Eliete Paragassu, eine Fischerin Quilombola-Anführerin1, die auf der Insel Ilha da Maré im Bundesstaat Bahia lebt. Am 16. Oktober 2021, dem Welternährungstag, stand sie früh auf, nahm ihr Boot und verteilte Körbe mit Lebensmittel an die Bevölkerung. Der Hunger ist Teil des Alltags vieler Bewohner*innen des Bundesstaates und auch bittere Realität in anderen urbanen und ländlichen Räumen des riesigen lateinamerikanisches Landes. Die Aktion war Teil der Kampagne “Tem gente com fome” (auf Deutsch etwa „Die Menschen haben Hunger“), die von dem Bündnis “Schwarze Koalition für Rechte” [Coalizão Negra por Direitos] während der Covid-Pandemie vorangetrieben wurde.

In den letzten zehn Jahren hat die Ernährungsunsicherheit in Brasilien massiv zugenommen und mit dem Auftreten der Pandemie verschärften sich viele Ungleichheiten im Brasilianischen Ernährungssystem weiter. Ende 2020 waren 59,4% der befragten Haushalte von Ernährungsunsicherheit betroffen – besonders augenfällig ist hier der allgemeine Rückgang von 85% beim Verzehr gesunder Lebensmittel. Außerdem ist die Bevölkerung von der Ernährungsunsicherheit ungleich betroffen: Die höchsten Prozentsätze werden in Familien registriert, in denen nur eine Person für die Einkommenserzielung verantwortlich ist (66,3%), insbesondere wenn diese Person schwarz ist (66,8%). Auch in Haushalten mit Kindern bis zu 4 Jahren (70,6%), in den Regionen Nordost (73,1%) und Nord (67,7%) sowie in ländlichen Gebieten (75,2%) ist sie höher. Somit war die Hungerlage in Brasilien ähnlich wie im Jahr 2004, am Anfang der Regierung Lula und deren Hungerbekämpfungsagenda.

2022 leben 58,7% der Bevölkerung in Ernährungsunsicherheit und die Zahl der an Hunger leidenden Brasilianer*innen beläuft sich auf mehr als 33,1 Millionen (s. Graphik 1) – ein Anstieg von 14 Millionen Personen im Vergleich zu 2020, sodass nur 4 von 10 Haushalten in Ernährungssicherheit leben. Welche weiteren Faktoren neben den Auswirkungen der Pandemie haben zu diesem enormen Anstieg beigetragen und Brasilien zurück in den Hunger getrieben?

 

Inhalt

1. Ernährungsunsicherheit in Brasilien heute – wenn der Hunger zum Alltag wird      5

2. Re-demokratisierung Brasiliens und die Entstehung des CONSEAs      7
2.1. Die Destabilisierung des CONSEAs und der partizipativen Ernährungspolitik      8

3. Struktur und Arbeitsweise des CONSEAs      9
3.1. Die Agenda des CONSEAs      10

4. Auflösung durch die Regierung Bolsonaro      11
4.1. Reaktion der organisierten Zivilgesellschaft      12

5. Die Ankunft der Covid-19 Pandemie und die Hilfe durch soziale Bewegungen      14
5.1. Ernährungssicherheit in Brasilien wiederherstellen – die Zukunft des CONSEAs      15

Quellen      16

Impressum

Herausgegeben von:
Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e. V. – FDCL
Gneisenaustraße 2a, D -10961 Berlin, Germany
Fon: +49 30 693 40 29 | E-Mail: info@fdcl.org
Internet: www.fdcl.org

Autor: Vinícius Mendes
Redaktion/Lektorat: Lea Zentgraf und Jan Dunkhorst.
Titelbild: Zwischen 2020 und 2021, während der Covid-Pandemie, stiegen die Preise für Reis und Bohnen, traditionelle Grundnahrungsmittel in Brasilien, um mehr als 60 %.
Foto: Freepik.
Layout:Ingrid Navarrete | www.ingrid-navarrete.de
Druck: Hinkelsteindruck, 10997 Berlin
Redaktionsschluss: 10.12.2022

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© FDCL-Verlag Berlin, 2022 | ISBN: 978-3-949237-04-1

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