*** versión en castellano ***
Im Jahr 2018 wird das Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kolumbien und Peru fünf Jahre vorläufig angewendet. Nachdem der Europäische Rat, das Europäische Parlament sowie die Parlamente Perus und Kolumbiens ihre Zustimmung erteilten, ist das Abkommen mit Peru bereits seit März 2013, mit Kolumbien seit August 2013 vorläufig in Kraft. Es ist eines der umstrittensten Handelsabkommen der Europäischen Union.
Die Verhandlungen wurden durch eine intensive Kampagne von zivilgesellschaftlichen Organisationen in Peru, Kolumbien und der EU begleitet. Sie warnten wiederholt vor den erheblichen menschenrechtlichen, sozialen und ökologischen Risiken dieses Handelsvertrags und erinnerten die EU an ihre diesbezüglichen Verpflichtungen.
Auch die internationalen Gewerkschaftsdachverbände in Europa und Amerika erklärten sich mit kolumbianischen Gewerkschaften und sozialen Bewegungen solidarisch und lehnten das Abkommen geschlossen ab. Sie forderten das Europäische Parlament (EP) auf, wegen der zahlreichen Menschenrechtsverletzungen und der grassierenden Straflosigkeit in Kolumbien, gegen den Vertrag zu stimmen. Doch vergebens. Nachdem der Rat bereits grünes Licht gegeben hatte, erteilte das EP im Dezember 2012 seine Zustimmung.
Die BefürworterInnen des Abkommens in der EU-Kommission und im Europaparlament wurden nicht müde, den angeblichen Nutzen des Abkommens nicht nur für europäische Exporteure, sondern auch für die wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung der beiden Andenstaaten zu loben. Laut EU-Kommission biete der Handelsvertrag eine Gelegenheit, „den Wohlstand dieser Länder zu mehren, ihr Wachstum zu konsolidieren und so die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.“5 Die Zollsenkungen der EU gegenüber Kolumbien und Peru könnten „zur nachhaltigen Steigerung der Wertschöpfung ihrer Volkswirtschaften beitragen“.
Hohe Erwartungen weckte auch das Europaparlament. In einer Entschließung schrieben die Abgeordneten, Ziel des Abkommens sei „die Förderung einer umfassenden Wirtschaftsentwicklung, um die Armut abzubauen, neue Arbeitsplätze zu schaffen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und den Lebensstandard zu verbessern“. Der Vertrag enthalte daneben „umfassende und verbindliche Bestimmungen (…), die den Schutz der Menschenrechte garantieren“. Die Abgeordneten behaupteten ferner, „dass das Handelsübereinkommen Garantien dafür bietet, dass die neue Architektur der Handels- und Investitionsbeziehungen der EU einem weitreichenden Sozial- und Umweltschutz sowie der nachhaltigen Entwicklung zugute kommt“.
Nachdem das Abkommen nun fünf Jahre vorläufig angewendet wird, ist es an der Zeit, die durchaus optimistischen Erwartungen seiner BefürworterInnen auf den Prüfstand zu stellen. Hat sich dank des Handelsvertrags mit der EU tatsächlich die wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung in den beiden Andenstaaten verbessert? Konnten die Wertschöpfung gesteigert, die Armut abgebaut und die Arbeits- und Lebensbedingungen verbessert werden? Haben sich die „Garantien“ für den Menschenrechts-, Sozial- und Umweltschutz bewährt? Auf den folgenden Seiten sollen erste Antworten gegeben werden, soweit dies die bisherigen empirischen Erkenntnisse erlauben. Zunächst aber ist es erforderlich, kurz die Geschichte des EU-Abkommens mit den Andenstaaten zu resümieren.
Inhalt
1 Einführung
2 Vom Interregionalismus zum Bilateralismus: Die Geschichte des Freihandelsabkommens
Unabgeschlossene Ratifizierung
Der Beitritt Ecuadors
3 Handelsströme: Makroökonomische Folgen
Spätkoloniale Handelsbeziehungen: Andine Rohstofflieferanten
Andenländer: Verschlechterung der Handelsbilanz
4 Sektorale Effekte: Zunehmende Dominanz der Primärrohstoffe
Kolumbien: Verschiebungen der Exportgewichte
Peru: Verschiebungen der Exportgewichte
Reprimarisierung statt Zunahme der Wertschöpfung
5 Nachhaltige Entwicklung: Menschenrechte, Arbeits- und Umweltstandards
Menschenrechtsklausel: sanktionsbewehrt, aber kaum aktiviert
Nachhaltigkeitstitel: Zahnlos aufgrund mangelnder Sanktionen
6 EP unter Druck: Die Fahrpläne für Menschenrechte, Umwelt- und Sozialstandards
Die EP-Entschließung 2628
Fehler des Europaparlaments: Warnungen ignoriert, Schwächen beschönigt
7 Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien und Peru 20
Kolumbien: Zunahme der Gewalt im Schatten des Friedensprozesses
Peru: Repression gegen Sozialproteste und MenschenrechtsverteidigerInnen
8 Streit um Saatgut: Freihandel gefährdet Artenvielfalt
UPOV: Ein Übereinkommen gegen die Artenvielfalt
Repressive Durchsetzung des verschärften Sortenschutzes
9 Schattenwirtschaft: Drogenhandel, Geldwäsche und Steuerflucht
Beschleunigte Zollverfahren: Begünstigung des Drogenhandels
Regulierungslücken: Einladung zu Geldwäsche und Steuerflucht
Verdachtsfälle: Institutionelle Schwächen auf beiden Seiten des Atlantiks
10 Unzureichend: Das Monitoring des Abkommens
Streit um interne Beratungsgruppen
Beschwerde gegen Peru
Zusammenfassung
Impressum
Herausgegeben von:
Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e. V. – FDCL
Gneisenaustraße 2a, D -10961 Berlin, Germany
Fon: +49 30 693 40 29 / Fax: +49 30 692 65 90
E-Mail: info@fdcl.org / Internet: www.fdcl.org
Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V.
Mozartstraße 9, 52064 Aachen
Fon: +49 241 442 0 / Fax +49 241 44 21 88
E-Mail: info@misereor.de / Internet www.misereor.de
Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst
Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.
Caroline-Michaelis-Str.1, D-10115 Berlin, Germany
Fon: +49 30 65 21 10
Internet: www.brot-fuer-die-welt.de
Mitherausgeber:
The International Office for Human Rights Action on Colombia (OIDHACO)
Platform Europe Peru (Plataforma Europa Perú – PEP)
Autor: Thomas Fritz
Titelbild: Häfen, Kräne, Container. Seit 1980 hat sich der Welthandel verachtfacht. | Foto: Pixabay (c 0 1.0)
Layout: STUDIO114.de | Michael Chudoba
Druck: 15 Grad | Wilhelm-Kabus-Straße 55– 75 | 10829 Berlin
Gedruckt auf 100 % Altpapier aus CO2 neutraler Produktion (Envirotop).
Gefördert von Engagement Global im Auftrag des BMZ und mit freundlicher Unterstützung der LEZ Berlin.
Für den Inhalt dieser Publikation sind allein die herausgebenden Organisationen verantwortlich; die hier dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global gGmbH und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder.
Diese Broschüre ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Nicht-kommerziell – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz (CC BY-NC-SA 4.0).
c FDCL-Verlag Berlin, Oktober 2018 | ISBN: 978-3-923020-86-7