zum Thema Landwirtschaft

Zwar lebt in Lateinamerika drei Viertel der Bevölkerung in Städten, doch ist die Agarfrage bis heute ein wichtiges, nach wie vor ungelöstes Problem: Noch immer ist Lateinamerika die Region mit der ungleichsten Landverteilung weltweit und es sind die Menschen auf dem Land, die am stärksten von Ernährungsunsicherheit betroffen sind. Ein modernes, hochindustrialisiertes Agrobusiness, das kaum für Beschäftigung sorgt, steht einem marginalisierten kleinbäuerlichen Sektor gegenüber, der sich jedoch zusehends organisiert hat und nach Alternativen zum herrschenden Agrarmodell sucht. Dies geschieht u.a. über den weltweiten Zusammenschluss kleinbäuerlicher Organisationen, La Via Campesina (Der bäuerliche Weg).

Die Förderung einer kleinbäuerlichen, ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft mit ausreichenden Zugang zu Land, Wasser und Saatgut, wie auch die Kritik an der – auch von der Europäischen Agrarpolitik propagierten – weltmarktorientierten, industrialisierten Landwirtschaft, sind Kernanliegen des FDCL bei der Beschäftigung mit agrarpolitischen Themen.

Weitere inhaltliche Schwerpunkte des FDCL im agrarpolitischen Bereich waren und sind u.a. folgende:

  • die Solidarität mit kleinbäuerlichen Organisationen in Lateinamerika und deren, u.a. in dem Konzept der Ernährungssouveränität artikulierten Vorschlägen, Landwirtschaft sozial-ökologisch und emanzipatorisch zu gestalten so wie die Förderung agrarökologischer Praktiken.
  • die Auseinandersetzung mit dem Boom der Agroenergien und dessen sozialen und ökologischen Folgen in Lateinamerika.
  • die Beschäftigung mit dem Phänomen Land Grabbing, seinen Antriebskräften, Ursachen und Folgen sowie den verschiedenen Akteure, die für die neue Landnahme verantwortlich sind, und denjenigen, die sich in Lateinamerika im Kontext der Auseinandersetzungen um die Kontrolle, Nutzung und Inwertsetzung der Ressource und des Produktionsfaktors Land gegen den Verlust ihres Landes und ihrer Lebensgrundlage zur Wehr setzen.
  • die weltweit steigende Nachfrage nach Futtermitteln als wesentlicher Triebkraft der Expansion der Soja-Monokulturen in Lateinamerika und deren soziale und ökologische Folgewirkungen.
  • die globale Nahrungsmittelkrise, die steigende Importabhängigkeit von Nahrungsmitteln auch in vielen Länder Lateinamerikas und die kritische Auseinandersetzung mit der Debatte um Nahrungsmittelverschwendung und -verluste.
  • die Debatte um eine “Grüne Ökonomie” und der immer umfassendere Versuch einer ökonomisch-monetären Bewertung und Inwertsetzung von Land, natürlichen Ressourcen und Natur(funktionen) im Kontext der globalen Dekarbonisierungsagenda, der u.a. in marktbasierten Instrumenten des Klima- und Biodiversitätsschutzes seinen Ausdruck findet.
  • die Auseinandersetzung mit den neuen Bioökonomie-Strategien, mit denen Agrarflächen neben der Sicherung der Ernährung einer wachsende Weltbevölkerung, nun auch noch die Rohstoffe für den Übergang von einer erdöl- zu einer biomasse-basierten Wirtschaft liefern sollen. Die Nachfrage nach Böden und Biomasse wird damit weiter angeheizt. Dies wirft die Frage nach konkurrierenden Landnutzungsstrategien und den Folgewirkungen von Landnutzungsänderungen auf.
  • der Verlust von Naturräumen und biologischer Vielfalt als eine der wichtigsten globalen Bedrohungen – auch in Lateinamerika als einem „Hotspot“ der globalen Biodiversität. Im Kontext des anhaltenden weltweiten Wettlaufs um die Kontrolle und Verwertung von Rohstoffen und natürlichen Ressourcen, stand und steht die Biodiversität im Fokus konfliktiver Schutz, Nutzungs- und Vermarktungsinteressen.
  • und schließlich der sich unter den Bedingungen einer eskalierenden und bis dato beispiellosen Konzentration von wirtschaftlicher Macht bei der Kontrolle kompletter systemischer „Pakete“ (wie auf gentechnischen Verfahren basierendem Saatgut und Pestiziden / neuen Biotechnologien / Digitalisierungstecniken) rasant voranschreitende Prozess einer Neugestaltung eines globalen industriellen Landwirtschaftsmodells.