Studien

Kaperbriefe für Biopiraterie 2.0

Worauf zielen die Studien über Digitale Sequenz-Information (DSI) im Vorfeld der 15. Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention?

Warum „Kaperbriefe für Biopiraterie 2.0“?

Kaperbriefe bezeichnen Schriftstücke, mittels derer die Beutezüge von Piraten legalisiert werden, bei denen sie sich Werte angeeignet haben. So wie „Biopiraterie“ ein polemischer Begriff für die Aneignung genetischer Ressourcen des globalen Südens durch Konzerne des globalen Nordens geworden ist, setzen sich Schriftstücke, die derartige Aneignungen legalisieren, dem Verdacht aus, ein modernes Äquivalent zu den Kaperbriefen der Piratenzeit zu sein.

Bei den klassischen Form von Biopiraterie wurden genetische Ressourcen des Südens in materieller Form gesammelt und ihre traditionelle Verwendung analysiert, um neue Produkte in der Pflanzenzüchtung, der pharmazeutischen, kosmetischen oder der chemischen Industrie zu entwickeln und sich auf diese Produkte geistige Eigentumsrechte zu sichern.

Seit etwa 2015 werden die Möglichkeiten der synthetischen Biologie, digitale Informationen über genetische Ressourcen nutzen zu können, immer umfassender. Für die Produktentwicklung können vielfach Informationen aus Datenbanken über genetische Ressourcen verwendet werden. Immer leichter lassen sich passende Organismen für industrielle Zwecke mit gentechnischen Methoden konstruieren und diese dann patentieren. Das eröffnet neue Möglichkeiten für Biopiraterie, für die Aneignung des Informationsgehaltes genetischer Ressourcen des Südens durch Konzerne des Nordens. Die Bedeutung physisch vorliegender genetischer Ressourcen nimmt tendenziell ab.

In der Konvention über biologische Vielfalt (CBD) wurde jahrelang um ein verbindliches internationales Regime für ein Benefit-Sharing bezüglich genetischer Ressourcen verhandelt, schließlich wurde 2010 das sogenannte „Nagoya-Protokoll“ verabschiedet, es trat2014 in Kraft. Dabei geht es darum, wie der Zugang zu Biodiversität geregelt wird und was alles der Vorteils-Aufteilung unterliegt. Doch die Frage, ob und wie weit dieses Protokolls auch für digitale Informationen über genetische Ressourcen (Digitale Sequenz-Information, DSI) gilt, wird wegen der ständig erweiterten Bedeutung der DSI immer wichtiger.

In der parallel zu dieser Arbeit veröffentlichten Studie „Biopiraterie 2.0?“ wird das grundsätzliche Problem im Zusammenhang mit synthetischer Biologie im Rahmen bioökonomischer Strategien dargestellt, insbesondere wird der Diskussionsprozess in der Konvention über biologische Vielfalt zu Benefit-Sharing bezüglich Digitaler Sequenzinformation bis Herbst 2019 analysiert. Seit Februar 2020 liegen nun Studien über DSI vor, die zur Vorbereitung zweier Konferenzen der CBD im Jahr 2020 dienen sollen. Für den 17.-22. August 2020 ist das 24. Treffen des wissenschaftlichen Beirates der CBD, „Subsidiary Body on Scientific, Technical and Technological Advice (SBSTTA)“ geplant und für Ende 2020 die 15. Konferenz der Mitgliedsstaaten in China.

Die vorliegende Arbeit „Kaperbriefe für Biopiraterie 2.0“ untersucht zwei dieser vorbereitenden Studien daraufhin, ob sie der „Biopiraterie 2.0“ Vorschub leisten, indem sie dazu beitragen, den Bereich unkontrollierter und ungehinderter Weitergabe und Verwendung digitaler Informationen über genetische Ressourcen zu befestigen und auszudehnen – oder ob sie helfen, digitale Biopiraterie einzudämmen und zurückzudrängen.

Zehn Schlussfolgerungen fassen die Kritik zu den Diskursstrategien und den darin angeführten Argumenten sowie zur Rolle der Fachwissenschaft zusammen.

Inhalt

Einleitung: Warum „Kaperbriefe für Biopiraterie 2.0“?   4
1 Das Nagoya-Protokoll: kaum auf die Schienen gesetzt, schon auf dem Abstellgleis?   5
2 Konflikt um Vergütungsanprüche für Digitale Sequenz-Information   6
2.1 Der Prozess in der Periode 2017/2018    6
2.2 Die Vertragsstaaten-Konferenz 2018    7
2.3 Der Prozess in der Periode 2019/2020    7
3 Die Studien zur Vorbereitung der CBD-Tagungen im Jahr 2020    8
3.1 Studie über Konzept und Umfang von DSI    9
3.2 Studienteil DSI in öffentlichen und privaten Datenbanken    16
3.3 Studienteil Untersuchung zur Rückverfolgbarkeit von DSI    20
3.4 Studie zu inländischen Maßnahmen    25
4 Schlussfolgerungen zu den internationalen    27
Diskursstrategien um Benefit-Sharing für digitale Information über genetische Ressourcen Glossar   30
Literaturverzeichnis   32
Bildnachweise    34

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Autor: Andreas Riekeberg

Lektorat: Jan Dunkhorst (FDCL)
Titelbild: Biologische Bodenkruste in Seedskadee | Foto: Tom Koerner/USFWS Mountain-Prairie
Layout: STUDIO114.de | Michael Chudoba
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c FDCL-Verlag Berlin, April 2020 | ISBN: 978-3-92302-91-1

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