Das FDCL hat heute die Initiative der HondurasDelegation, des Honduras-Forum Schweiz und des Ökumenischen Büro München aufgenommen und den Protestbrief verschickt.

Zentrale Forderungen sind die Einsetzung einer Internationalen Kommission zur Untersuchung des Mordfalls und der Rückzug der an dem umstrittenen Staudammprojekt beteiligten Firmen aus dem Bauvorhaben. Dies sind auch zentrale Anliegen von Caceres‘ Familie und ihrer Organisation COPINH („Bürgerrat der Indigenen-Organisationen von Honduras“), zu deren Durchsetzung sie dringend auf internationale Unterstützung angewiesen sind.

Die spanische Version ging an den honduranischen Präsidenten, den Innenminister und an die Bank BCIE, die englische an die am Staudammprojekt europäischen Firmen bzw. die Regierungen deren Herkunftsländer.
urgent action asesinato Berta Cáceres es

urgent action on murder of Berta Cáceres en

Eine deutsche Übersetzung des Briefes befindet sich am Ende.

Weiterführende Informationen:

auf Deutsch:
http://hondurasdelegation.blogspot.de/
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/honduras-mord-an-berta-caceres-tochter-beschuldigt-baufirma-a-1080807.html
http://www.tagesschau.de/ausland/honduras-caceres-mord-umwelt-staudamm-101.html

auf Spanisch:
http://desinformemonos.org.mx/especial-justicia-para-berta-caceres-y-proteccion-para-gustavo-castro/

auf Englisch:
http://www.theguardian.com/world/2016/mar/03/honduras-berta-caceres-murder-enivronment-activist-human-rights

 

Protestbriefaktion zum Mord an Berta Caceres

Deutsche Übersetzung des Protestbriefes

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V. wenden wir uns aus den folgenden Gründen an Sie:

Wir sind erschüttert über die Ermordung von Berta Cáceres kurz vor Mitternacht des 2. März 2016.

Berta Cáceres war eine indigene Menschenrechtsverteidigerin und Umweltschützerin. Sie war eine der GründerInnen des Zivilen Rates der Indigenen- und Volksorganisationen von Honduras (COPINH) und unter anderen internationalen Auszeichnungen wurde ihr 2015 der renommierte Goldman Umweltpreis verliehen.

Der Mord an Berta Cáceres bedeutet einen unersetzlichen Verlust für die legitime Verteidigung der Menschenrechte in Honduras und weltweit. Ausserdem zeigt er die fehlende Umsetzung von Schutzmaßnahmen seitens des honduranischen Staates für MenschenrechtsverteidigerInnen auf, und dies obwohl im Falle von Berta Cáceres die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) 2009 Vorsorgemaßnahmen für sie angeordnet hatte.

Anfang 2012 baten die Gemeinden in Rio Blanco COPINH um Unterstützung, als völlig überraschend Maschinen und technische Geräte in ihren Gemeinden ankamen. Es war der Projektbeginn des Unternehmens DESA für den Bau des Wasserkraftprojektes Agua Zarca. Mit  40 weiteren Konzessionen für Staudämme war das Agua Zarca Projekt durch die nationale Gesetzgebung im September 2010 genehmigt worden, obwohl dies ein direkter Verstoß gegen die ILO Konvention 169 und der honduranischen Verfassung darstellt, wonach im Vorfeld eines solchen Projektes Anhörungen und Zustimmungsversammlungen in den betroffenen Gemeinden stattfinden müssen. Auch die 2015 vorgenommene Projektverlegung auf die andere Flussseite ändert nichts an der grundsätzlichen Illegitimität.

Für die Lenca Gemeinden stellt das Agua Zarca Projekt in jeder Hinsicht eine Bedrohung dar, weil in ihrer Kosmovision der freie Flusslauf des Gualcarque Flusses eine besondere kulturelle und spirituelle Bedeutung hat. Da die Rechte der Lencas nicht respektiert und der Konvention 169 nicht entsprochen wurde und durch dasProjekt negative Auswirkungen auf die Existenzgrundlagen der Lencas zu erwarten waren, organisierte Berta als Koordinator von COPINH einen friedlichen Widerstand gegen das Projekt, den sie auch anführte.

Als Folge dieser Opposition gegen das Projekt wurde Berta, zusammen mit anderen Lenca FührerInnen zum Ziel von Drohungen und Einschüchterungen. Der honduranische Staat ging sogar so weit, Berta kriminalisieren zu wollen, indem sie ihr illegalen Waffenbesitz anhängen wollten. Im Februar 2014 wurde sie davon freigesprochen.

Im November 2013 wurde während einer friedlichen Demonstration eine andere Führungsperson von COPINH, Tomás García, von einem Soldaten ermordet. Gleichzeitig wurde sein Sohn Alan García schwer verletzt. Diesem Verbrechen folgten drei weitere Morde an Gegnern des Projekts Agua Zarca. Anfang 2016 begann DESA damit, Berta die Legitimation als Menschenrechtsverteidigerin abzusprechen, in dem sie eine Diffamierungskampagne gegen sie und COPINH startete und in folgenden, von DESA verbreiteten Beschuldigungen gipfelte: „Das Wasserkraftprojekt Agua Zarca informiert hiermit die Öffentlichkeit über die ständigen Lügen der Aktivistin der Organisation COPINH, Frau Berta Cáceres, die sich selbst als Kämpferin für die Umwelt und die Rechte der indigenen Bevölkerung definiert. Sie manipuliert ständig Informationen, um so dem Projekt einen negativen Eindruck zu verpassen.“ In einer Presseerklärung schrieb die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Rechte der indigenen Völker, Victoria Tauli-Corpuz am Freitag, den 4. März  2016, dass es Verknüpfungspunkte geben könnte zwischen diesem Verbrechen gegen Berta Cáceres und ihrer Menschenrechtsarbeit für die indigene Lenca Bevölkerung gibt, aus der heraus der Widerstand gegen Agua Zarca entstand. Das Projekt Agua Zarca wird von der holländischen Entwicklungsbank FMO, dem finnischen Fonds für Entwicklungsfinanzierung, Finnfund und der Zentralamerikanischen Bank für Ökonomische Integration, BCIE finanziert. Das deutsche Unternehmen Voith Hydro, in einem Joint Venture mit Siemens, investiert ebenfalls in das Projekt. Sie alle wurden mehrfach über die Verletzung der Menschenrechte während der Durchführung des Projekts informiert. Es ist bemerkenswert, dass sowohl das chinesische Unternehmen Sinohydro als auch die Internationale Finanz-Corporation (IFC) ihre Finanzierungen für das Projekt suspendierten. Sinohydro nannte als Gründe für ihre Entscheidung, sich aus dem Projekt zurückzuziehen, die Konflikte zwischen dem Unternehmen DESA.

Der honduranische Staat erhielt in den letzten Jahren eine Vielzahl von Empfehlungen im Rahmen seiner internationalen Verpflichtungen. Darunter vor kurzem während der Universal Periodic Review (UPR) der UNO, sowie in der Abschlusserklärung der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker und schliesslich im Kapitel 2 des Jahresberichtes 2015 der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte. Darüberhinaus empfahlen die Niederlande während der UPR der honduranischen Regierung,  die Umsetzung der Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen und der ILO-Konvention 169 einzuhalten.

Aus all diesen Punkten kommen wir zu der Schlussfolgerung, dass die Regierung von Honduras, seine Sicherheitskräfte und sein Justizsystem, weder den Willen noch die Fähigkeit für eine umfassende und unparteiische Untersuchung dieses Verbrechens haben.

Daher fordern wir von der honduranischen Regierung:

– eine eingehende Untersuchung durch eine unabhängige internationale Kommission

– Schutz der körperlichen und seelischen Unversehrtheit des einzigen Zeugen und Überlebenden des Verbrechens, Gustavo Castro Soto, sowie ein sicheres Geleit aus dem Land

– eine Erklärung, warum seitens der Regierung die seit 2009 eingeforderten Schutzmassnahmen für Berta Caceres nicht umgesetzt wurden

– dass die staatlichen Institutionen ihre Pflicht erfüllen, um den Schutz aller Personen zu gewährleisten, die in ihrem Land die Menschenrechte verteidigen und dass die Umsetzung des Gesetzes zum Schutz der Menschenrechtsverteidiger ordnungsgemäss vonstatten geht, so dass Vorfälle wie dieser nicht wieder passieren

Daher fordern wir von den Regierungen der Niederlande, Finnland und Deutschland:

– alles zu unternehmen, um sicherzustellen, dass die Untersuchung des Falles unparteiisch und mit allen juristischen Konsequenzen durchgeführt wird

– öffentlich aufzuzeigen, dass sie alle möglichen Schritte unternommen haben, umsicher zu stellen, dass keine Fonds und Banken der internationalen Zusammenarbeit oder private Unternehmen, die ihren Sitz in ihrem Hoheitsgebiet haben, die Menschenrechte der durch das Wasserkraftprojekt Agua Zarca betroffenen lokalen Bevölkerung,  verletzt hatten.

Daher fordern wir von FMO, Finnfund, BCIE sowie Siemens und Voith Hydro:

– dass die transnationalen Konzerne und Banken, die an dem Projekt beteiligt sind, sich sofort aus dem Staudammprojekt Agua Zarca zurückziehen.

– dass FMO, Finnfund, BCIE und Siemens-Voith Hydro öffentlich zeigen, dass sie alle notwendigen Schritte unternommen haben um Menschenrechtsverletzungen des lokalen Unternehmens DESA zu verhindern und dass sie sowohl die Grundsätze der Sorgfalt (Due Diligence) als auch die Verpflichtung zur Respektierung der Rechte der Lenca Bevölkerung umgesetzt haben.

Daher fordern wir vom diplomatischen Korps und der Gruppe der Entwicklungshilfe-Geberstaaten in Honduras, G-16:

– dass sie anstatt der Forderungen im Kommuniqué vom 4.März eine unabhängige Untersuchungskommission fordern und diese sowohl finanziell wie auch logistisch unterstützen. Nur so kann gewährleistet werden, dass dieses Verbrechen unabhängig untersucht wird und sowohl gegen die Täter als auch deren Hintermänner ermittelt wird und sie strafrechtlich verfolgt werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Team des FDCL