Climate neutral webseiteDas Klima retten durch wenige Klicks? So überspitzt und absurd es klingen mag, CO2-Rechner und Flugkompensationsseiten im Internet suggerieren genau das:
Sie suggerieren, dass es möglich wäre, den persönlichen CO2-Ausstoß durch die Investition in ein „grünes“ Projekt zu kompensieren und damit den eigenen nicht-nachhaltigen Lebensstil zu neutralisieren – „klimaneutral“ zu werden, wie es in der Sprache der Green Economy heißt. Doch ist es tatsächlich so einfach, „Klimaretter“ zu werden?

Das Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL e.V.) hat gemeinsam mit Finance & Trade Watch die Webseite www.climate-neutral.org entwickelt, um einerseits auf die Absurdität dieser Idee hinzuweisen und um andererseits die damit verbundenen Probleme deutlich zu machen. Die Seite ist den „typischen“ CO2-Rechner-Seiten nachempfunden und greift bewusst die Bildsprache der UN-Seite www.climateneutralnow.org auf.

Der Idee der CO2-Kompensation liegt die Logik des Emissionshandels zugrunde, die vereinfacht besagt, der Klimaschutz könne über einen Markt von Emissionszertifikaten geregelt werden; diejenigen, die viele Emissionen ausstoßen, sollen durch den Kauf von Zertifikaten aus „grünen“ und emissionsarmen Projekten ihre eigenen neutralisieren: So kann prinzipiell an einem Ort mehr Umwelt verschmutzt werden, wenn im Gegenzug an einem anderen weniger verschmutzt wird.
Aus dieser Idee hat sich in den letzten Jahren ein lukrativer Markt entwickelt, der auch Privatpersonen die freiwillige Kompensation der Emissionen ermöglichen soll.

Die Webseite bietet eine niedrigschwellige und kurzweilige Einführung in die Mechanismen des Emissionshandels und eignet sich für alle am Thema Interessierten, aber auch insbesondere für Personen, die sich bisher nur wenig damit beschäftigt haben. Auch ist sie für den Einsatz im Unterricht (Sekundarstufe II, Berufsschule, außerschulische Bildungsarbeit mit Jugendliche und jungen Erwachsenen) geeignet. Weitere Informationen zu thematischen Unterrichtsmaterialien finden Sie hier

Der Emissionshandel ist inzwischen zu einem der zentralen Klimaschutzinstrumente avanciert und soll (Wirtschafts)Wachstum von Umweltverschmutzung entkoppeln. Das soll über Berechnung von CO2-Emissionen (bzw. seiner Äquivalente) erreicht werden; dies bedeutet, dass prinzipiell alles, was Emissionen ausstößt, zum Gegenstand dieser Berechnung werden kann: eine Fabrik, ein Holzfeuer, ein Flug, das Fällen eines Baumes…
In der CO2-Logik lassen sich auf der anderen Seite ebenfalls die Kompensationspotenziale bestimmen: ein Wald, der als Kohlenstoffsenke fungiert, Wasserkraftwerke oder Windparks, die „grüne“ Energie erzeugen.
Doch in der Rechnung sind wesentliche Parameter nicht mitgedacht, denn die Welt ist zu komplex, als dass sie sich auf eine einfache CO2-Formel bringen ließe. In den Gegenden, wo diese Kompensationsprojekte geplant werden, leben Menschen, die u.U. vertrieben werden, zumindest aber immer ihren Lebensraum verlieren, Biodiversität wird zerstört, wichtige Zugvögelrouten werden von Windparks unterbrochen… Die Liste ließe sich noch lange fortführen.

Auf der Webseite werden reale Projekte vorgestellt und auf aufgetretene Probleme oder befürchteten Folgen hingewiesen. Insgesamt wird die Idee des Emissionshandels kritisch hinterfragt und regt dazu an, sich über andere Möglichkeiten des Klimaschutzes zu informieren.