Totalitär-kapitalistische Ideologien und Netzwerke haben sich eines der ärmsten und autoritärsten Länder Lateinamerikas ausgesucht, um dort ihre Version einer ›Brave New World‹ zu realisieren: Honduras. Hier sollen Privatstädte entstehen, in denen Unternehmen mit eigener Gesetzgebung, eigenen Gerichten und privaten Sicherheitsorganen herrschen. Ginge es
nach Unternehmern wie Titus Gebel, soll aber nicht nur in Honduras Demokratie »durch den Geldbeutel ersetzt« werden. Eigenen Worten zufolge möchte er noch zu seinen Lebzeiten solche Privatstädte auch in Deutschland sehen. Bereits 2009 wurden unmittelbar nach dem Putsch in Honduras die Weichen für die Übertragung lokaler Staatsgewalt an Privatunternehmen gestellt, um das Land zu einem Experimentierfeld – vor allem auch deutscher – Investor*innen zu machen. In Honduras waren drei solcher Investorenstädte vereinbart, denen weitgehende Autonomie in
Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung zugesprochen wurde. Das Gesetz über diese Privatstädte hebelte die Souveränität des Staates aus, erlaubte Enteignungen der lokalen Bevölkerung und stellte sie vor die Wahl, sich ihren neuen Herren zu unterwerfen und für sie zu arbeiten oder ihre angestammte Heimat zu verlassen.

Das Buch „Privatstädte – Labore für einen neuen Manchesterkapitalismus“ von Andreas Kemper wirft einen detailscharfen Blick auf diese manchesterkapitalistischen Netzwerke in Europa und den USA, berichtet aber ebenso auch von den massiven Protesten in immer mehr honduranischen Gemeinden, die sich gegen ihre Enteignung und Vertreibung wehren.

Die seit 2022 amtierende Regierung hat das Privatstadtgesetz aufgehoben. Zumindest ein Privatstadtunternehmen klagt dagegen vor einem internationalen Schiedsgericht und fordert eine Entschädigung in Milliardenhöhe.

Jutta Blume ist Autorin. Schon in ihrem Roman ‚Die Aktivistin‘ (2019) wird Honduras zur Kulisse der Geschichte um eine imaginäre Privatstadt. Zeitgleich beginnt in Honduras der Bau der ersten reale Privatstadt „Próspera“ auf der Insel Roatán. An der honduranischen Nordküste gibt es seit langem Widerstand gegen die Privatstädte, vor allem seitens der afro-indigenen Garífuna. Im August dieses Jahres war Jutta Blume mit einer Delegation in Honduras vor Ort und hat u.a. mit den Menschen in Roatán gesprochen. Sie berichtet, was seit dem Regierungswechsel in
Honduras geschehen ist.

 

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