Rohstoffpolitik war bis vor wenigen Jahren noch ein reines Expertenthema. Das hat sich mittlerweile grundlegend geändert: Die wichtigsten Industrieländer sorgen sich um „ihre Rohstoffversorgung“. Angesichts der relativen Verknappung einzelner Bodenschätze, gestiegener Rohstoffpreise und dem zunehmenden Konkurrenzkampf mit aufstrebenden Volkswirtschaften wie China oder Indien messen sie dem Zugang zu Rohstoffen eine geostrategische Bedeutung zu. Auch die Europäische Union (EU) und Deutschland haben in den letzten Jahren Strategien verabschiedet, um sich den Zugang zu knapper werdenden Ressourcen zu niedrigen Preisen sichern.
Doch gerade der Rohstoffsektor weist vielerorts eine verheerende Menschenrechts- und Umweltbilanz auf, während die Menschen in den Förderregionen selten vom Rohstoffreichtum profitieren. Im Gegenteil tragen sie und die Gesellschaft als Ganzes weitgehend die Umweltrisiken und sozialen Folgen. Nutzen aus der Rohstoffförderung ziehen vor allem internationale Unternehmen und mit ihnen zusammen arbeitende lokale Akteure.
Die Konflikte in den rohstoffexportierenden Ländern nehmen zu. Die kritische Zivilgesellschaft beschäftigt sich mittlerweile intensiv mit dem Thema. In Lateinamerika arbeiten zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zum Thema Rohstoffe und den Auswirkungen auf Menschen und Umwelt, in einigen Ländern gibt es nationale Netzwerke. Manche dieser NGOs werden seit Jahren von der internationalen Zivilgesellschaft unterstützt. Das Observatorio de Conflictos Mineros de América Latina (OCMAL), ein Zusammenschluss von über 40 NGOs, die sich dem Bergbau in der Region in seiner jetzigen Form widersetzen, zählt im Bergbaubereich 155 größere Konflikte zwischen lokaler Bevölkerung und Unternehmen in Lateinamerika, die 168 verschiedene Projekte und 205 Ortschaften betreffen. Es geht sowohl um mineralische und energetische wie um biologische Rohstoffe.
In der vorliegenden Broschüre geht es um Probleme, die aus der Ausbeutung und dem Handel mit Rohstoffen resultieren, vor allem im Hinblick auf Menschenrechte sowie den sozialen und ökologischen Bereich. Aufgrund der Vielfalt von Ressourcen und Ländern, wurden beispielhaft die Rohstoffe Kupfer, Gold und Kohle (Bergbau) gewählt. Bei den Ländern beschränken wir uns auf Kolumbien und Peru, da die Problematik hier besonders hervorsticht und sich aktuell Freihandelsverträge mit der EU im Ratifizierungsprozess befinden.
Inhalt
Editorial
1 Einleitung
2 Rohstoffkonsum: Europa als überdurchschnittlicher Verbraucher
3 Politik für Unternehmen: Die Rohstoff-Strategien der EU und Deutschlands
3.1 Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit als oberstes Ziel: Global Europe und Europe 2020
3.2 Raw Materials Initiative: Sicherung der Rohstoffe für Europa
3.3 Erfolg für die Industrie: Die deutsche Rohstoffstrategie
3.4 Auswirkungen auf die Förderländer: Exportsteuern und Investitionen
3.5 Zusammenfassung
4 Bergbau in Lateinamerika: Boom mit Nebenwirkungen
4.1 Freihandel mit Kolumbien und Peru: Anwendung der RMI in Lateinamerika
4.2 Kolumbien: Menschenrechtsverletzungen mit und ohne Bergbauboom
4.2.1 Kolumbianische Kohle für Deutschland
4.2.2 Kanadisches Unternehmen scheitert mit Gold-Tagebau
4.3 Peru: Mehr Regulierung durch Regierungswechsel?
4.3.1 Kupfer aus Peru: Die Bevölkerung vor Ort profitiert nicht
4.3.2 La Oroya: Niemand haftet für Umweltschäden
5 Alternativen
5.1 New Green Deal: Auch ein grüner Kapitalismus braucht Rohstoffe
5.2 Transparenz als erster Schritt: Die Extractive Industries Transparency Initiative (EITI)
5.3 Das Dodd-Frank-Gesetz: Verbindliche Vorschriften als Vorbild für die EU?
5.4 Alter Extraktivismus, Neuer Extraktivismus, Post-Extraktivismus? Die Debatte um Alternativen in Lateinamerika
Literatur
Endnoten
Impressum
Herausgeber: Brot für die Welt, FIAN – Food First Informations- und Aktions-Netzwerk, Forschungs- und Dokumentationszentrum
Chile-Lateinamerika e.V., Kampagne „Bergwerk Peru – Reichtum geht, Armut bleibt“, kolko – Menschenrechte für Kolumbien e.V.
© FDCL-Verlag, Berlin, 2012
Gneisenaustraße 2a, D-10961 Berlin, Germany
Fon: +49 30 693 40 29 / Fax: +49 30 692 65 90
eMail: info@fdcl.org / Internet: http://www.fdcl.org
Autor: Tobias Lambert
Layout: Mathias Hohmann
Umschlagfotos: Offener Tagebau Tintaya, Cuzco, Peru (David Baggins, flickr.com, CC by-nc-nd 2.0),
LKW mit abgebauter Kohle, Kolumbien (Sebastian Rötters/FIAN)
Druck: agit-druck, Berlin
Gedruckt auf Recycling-Papier (100% Altpapier)
DISCLAIMER: Dieses Projekt wird anteilig gefördert durch die Europäische Union. Der Inhalt der Publikation liegt in der alleinigen
Verantwortung der Herausgeber und kann in keiner Weise als Sichtweise der Europäischen Union angesehen werden. Die vorliegende
Publikation wurde publiziert im Rahmen des EU finanzierten Projektes Just Trade (www.just-trade.org). Das Projekt plädiert für eine
stärkere Politikkohärenz zwischen der EU-Entwicklungs- und Handelspolitik mit Blick auf die Förderung von gerechter und nachhaltiger
Entwicklung. Projektpartner sind: Ecologistas en Acción (Spanien), FDCL, Glopolis (Tschechische Republik), Protect the Future (Ungarn)
und das Transnational Institute (Niederlande).