Dem in den Regierungsjahren von Jair Bolsonaro mit eifriger politischen Unterstützung vorangetriebenen illegalen Goldbergbau nichtzuletzt in den eigentlich geschützten indigenen Territorien sollen Riegel vorgeschoben werden – dies ist angesichts der horrenden Umweltzerstörung und den damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen gegen Indigene dringend geboten, aber gar nicht so einfach.
Von Christian Russau
Die Studienergebnisse waren so eindeutig, wie erschreckend: In der vorletzten Septemberwoche vergangenen Jahres legte das Forscher:innenteam der Oswaldo-Cruz-Stiftung (Fiocruz) unter der Leitung des Forschers Paulo Basta die Ergebnisse einer 2019 durchgeführten Untersuchung über die Quecksilberkontamination der indigenen Munduruku-Bevölkerung am Tapajós vor. Die Untersuchung ging auf eine Anfrage der Munduruku selbst zurück, die in einem Brief an die Wissenschaftler:innen bereits Jahre zuvor selbst darum gebeten hatten, dass angesichts der rasanten Zunahme der illegalen Goldschürferei durch den sogenannten Garimpo eine Untersuchung ihrer Quecksilberkontamination vorgenommen werde. Die Untersuchung wurde mit Haarproben von 197 Personen unterschiedlichen Alters durchgeführt, die in den Gemeinden Sawré Muybu, Sawré Aboy und Poxo Muybu leben.
Die Studienteilnehmenden leben in 35 Häusern in den drei Dörfern, und 91,4 % gaben an, Wasser aus Flüssen und Bächen zu trinken. Die Ergebnisse der Studie waren erschreckend: Bei 57,9 % lag die Quecksilberbelastung über 6 Mikrogramm. Das bedeutet, dass 57,9 Prozent der Befragten Quecksilberwerte in ihrem Körper aufwiesen, die über den von verschiedenen internationalen Gesundheitsbehörden, wie der United States Environmental Protection Agency, festgelegten oberen Sicherheitsgrenzen lagen. Dies berichtete das Infoportal Sumauma. Das Infoportal erklärte, dass in den Flüssen wie dem Jamanxim eine der wichtigsten Formen von Quecksilber das Monomethylquecksilber (MeHg) sei, das aufgrund seiner Fähigkeit, biologische Membranen zu durchdringen und das zentrale Nervensystem zu erreichen, die bei weitem giftigste aller Quecksilberverbindungen sei. Selbst eine längere Exposition gegenüber niedrigen MeHg-Konzentrationen kann neben anderen schwerwiegenden Folgen eine Veränderung des genetischen Materials verursachen. Mit anderen Worten: die Hauptleidtragenden sind die Kinder.
Die Ergebnisse der Forscher:innen zeigen: Je näher man den illegalen Abbaugebieten kommt, desto höher werden die nachweisbaren Kontaminationen der betroffenen Personen. In der Gemeinde Sawré Aboy am Jamanxim-Fluss, einer der am stärksten vom illegalen Bergbau betroffenen Gemeinden, liegt die durchschnittliche Quecksilberkonzentration bei 12-jährigen Kindern bei 11 Mikrogramm pro Gramm, ein Wert, der als extrem hoch gilt und in den Prüfungsergebnissen mit dem Satz, wie es Sumauma berichtet, zusammengefasst wird: „Ihr Risiko, krank zu werden, ist sehr hoch“.
Eine weitere Studie, die von den Forscher:innen unter der Leitung des Forschers Rogério de Oliveira von der Universität São Paulo (USP) durchgeführt wurde, bestätigte die medizinischen Auswirkungen bei den Betroffenen: Diese Untersuchung mit 111 Personen ergab, dass zwei von ihnen mit Monomethylquecksilberwerten (MeHg) von 11,68 und 15,68 Mikrogramm pro Gramm eine beeinträchtigte motorische Koordination aufwiesen. Bei anderen, die einer Monomethylquecksilberbelastung von mehr als 10 Mikrogramm pro Gramm ausgesetzt waren, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sie kognitive Defizite und Fehler in Tests zur Sprachflüssigkeit aufwiesen, etwa doppelt so hoch. Die Verschlechterung der motorischen und kognitiven Funktionen deutet auf eine Neurotoxizität infolge der chronischen Exposition gegenüber der toxischen Substanz hin, so das Portal Sumauma.
Die Wissenschaftler:innen gaben sofortige Empfehlungen: 1) sofortige Einstellung der illegalen Bergbauaktivitäten und Beendigung des Eindringens in traditionelles und geschütztes Amazonasgebiet; 2) Ausarbeitung eines nationalen Plans zur Beendigung der Verwendung von Quecksilber im Kleinbergbau; 3) Ausarbeitung eines Risikomanagementplans für Bevölkerungsgruppen, die chronisch Quecksilber ausgesetzt sind.
Ähnliche Erfahrungen mit Quecksilbervergiftungen, Mondlandschaften bis hin zu direkter Gewalt durch Pistoleiros, Goldgräber:innen in vereinter Gewalt mit dem organisierten Verbrechen erlitten die indigenen Yanomami, in deren Gebiet sich in der Regierungszeit Bolsonaros bis zu 20.000 illegale Goldsucher:innen aufgehalten und ihr dreckiges Geschäft ausgeführt haben sollen, wie Medien wiederholt berichteten.
Es ist diese unheilvolle Verbrüderung illegalen Goldbergbaus, organisierten Verbrechens mit und rein in legale Politik- und Wirtschaftskreise, die die Bekämpfung des illegalen Goldabbaus und -handels in Brasilien so schwierig macht. Der illegale Abbau von und Handel mit Gold in Amazonien wurde ab Mitte 2022 wieder einmal groß in den brasilianischen Medien thematisiert: Eine groß angelegte Polizeiaktion richtete sich damals spektakulär gegen den illegalen Goldabbau und -handel in Brasilien. Den Ermittlungen zufolge hatte das mafiöse Netzwerk innerhalb von zwei Jahren Gold aus illegalen Quellen im Wert von insgesamt 16 Milliarden Reais (derzeit umgerechnet knapp drei Milliarden Euro) gehandelt. Eine neue Studie zeigte zudem auf, dass rund die Hälfte des in Brasilien zwischen 2015 und 2020 geförderten und exportierten Goldes illegaler Herkunft sei: Dabei handele es sich dem Institut Instituto Escolhas zufolge um eine Menge von insgesamt 229 Tonnen Gold in dem Fünfjahreszeitraum. Indessen versprachen die Schweizer Raffinerien, „nicht mit Gold aus indigenen Gebieten des brasilianischen Amazonasgebiets zu handeln und die notwendigen technischen und menschlichen Maßnahmen zu ergreifen, um kein illegales Gold, auch nicht aus Brasilien, anzunehmen, einzuführen oder zu raffinieren, indem sie dieses Gold zurückverfolgen und identifizieren.“ Der Beweis dessen – mit robusten Ergebnissen, die den Indigenen Hoffnung auf ein gesünderes Leben garantieren würden – stehen noch aus. Die Schweiz ist der größte Goldverarbeiterin der Welt, fast alles geförderte Gold landet irgendwann dort in den Schweizer Raffinerien.
Indessen laufen die Geschäfte der multinationalen Baggermultis munter weiter, es gibt derzeit keine Initiative, die auf robuste Maßnahmen abzielte, dieses Business in die Verantwortung miteinzubeziehen: Den investigativen Journalist:innen von Repórter Brasil gelang es mittels des brasilianischen Informationsfreiheitsgesetzes Zugang zu Behördendaten zu bekommen, die die Rolle von schweren Baggerfahrzeugen beim illegalen Goldabbau und der Waldrodung in Amazonien belegt und zeigt, wie sich die Hersteller dieser schweren Maschinen aus der Verantwortung stehlen. Repórter Brasil fand 157 Fälle, in denen staatliche Inspektionsteams Maschinen von 19 Markenherstellern in illegalen Minen beschlagnahmten oder zerstörten, die in den letzten fünf Jahren auf indigenem Land oder in Naturschutzgebieten eröffnet wurden. Dabei handelt es sich um eine vorsichtige Schätzung der Auswertung der Behördendaten durch Repórter Brasil, da in den übermittelten Tabellen Hunderte von anderen Aufzeichnungen über das Abbrennen von Maschinen enthalten sind – nur diejenigen, die ausdrücklich angeben, dass die Tätigkeit in geschützten Gebieten stattfand, wurden in den Bericht aufgenommen, so Repórter Brasil. Hinzu gilt es dabei zu beachten, dass dies schon deswegen nur die Spitze des realen Eisbergs sein kann, da unter der Regierung Bolsonaro die behördliche Vor-Ort-Kontrolle in Amazonien bewusst gezielt geschwächt und ausgehöhlt wurde.
Von den 19 Maschinenherstellern, die bei der Auswertung der Behördendaten von Repórter Brasil in illegalen Bergbaubetrieben in indigenen Gebieten oder Schutzgebieten gefunden wurden, beantworteten nur sechs die Fragen der Investigativjournalist:innen von Repórter Brasil. Meistens verwiesen diese auf die Schwierigkeit bis Unmöglichkeit des Endnutzungsverbleibs, die Maschinen würden bei einer durchschnittichen Lebensdauern von über einem Jahrzehnt teilweise mehrmals weiterverkauft, den Herstellern sei es deshalb nicht möglich, dies im Einzelnen zu verfolgen. Die mögliche Kontrolle beschränke sich beim Kaufvorgang der Maschinen auf die gesetzlich vorgeschriebenen Dokumentenkontrolle. Doch selbst dies geschieht nicht immer angemessen. In dem Bericht von Repórter Brasil wird die WWF-Naturschutzexpertin Deborah Goldemberg zitiert, die fordert: „Wir brauchen ein Mindestmaß an Transparenz. Konsultationen wie diese dauern keine zehn Minuten, es ist ein sehr einfacher Check“. Doch grundsätzlich gilt bei den Herstellern offensichtlich noch immer die Regel: „Mit dem Erwerb des Baggers übernimmt der Kunde die Hauptverantwortung für den Einsatz, in dem er eingesetzt wird“, erklärte Matheus Fernandes, Business Manager von Link-Belt Lateinamerika, bereits 2021 den Reportern von Repórter Brasil. In neue Baggermodelle hätte die Unternehmen ein System eingebaut, das ein Signal aussendet und die Ortung des Geräts ermöglicht. Sie kann jedoch vom Bediener ausgeschaltet werden. Wie kundenfreundlich, möchte man da ausrufen! Repórter Brasil verweist auf robustere und durchsetzungsstärkere Softwaren, die verhindern könnten, dass diese Maschinen zur Waldzerstörung eingesetzt werden, wie z. B. die freie Software-Codes, die in der Lage seien, Geräte abzuschalten, wenn diese die Grenzen von Schutzgebieten überschreiten. Aber es gibt keine Verpflichtung der Industrie, solche Tool einzusetzen.
Der Handlungsdruck angesichts von Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen zeitigt aber mittlerweile langsam, unter der Lula-Regierung, erste Früchte: Einerseits versucht die Regierung Lula, die von Bolsonaro und den dem Bergbau nahestehenden Abgeordneten des Brasilianischen Nationalkongresses seit Jahren zur Gesetzesabstimmung vorgelegten Gesetze wie die Freigabe des Bergbaus in Indigenen Territorien PL 191 zu verhindern und ist dabei, die Governance-Strukturen der Umweltbehörde Ibama zu stärken. Gleichzeitg fordert die Bundesstaatsanwaltschaft vom Bundesstaat Pará die Aufhebung der Vorschriften zu Munizipalerlaubnissen von Bergbauaktivitäten, was ein enormes Einfallstor für Bergbauaktivitäten in dem Bundesstaat ist, da es oft zu gleichsam mafiöser Verquickung (nicht nur) der Munizipalebene mit dem auch illegalen Goldbergbau gab und gibt. Der Bundesstaat Pará ist derzeit der einzige Bundesstaat, der so eine Munizipalerlaubnis gestattet. Derweil hat unlängst der Richter des Obersten Gerichtshof STF, Gilmar Mendes, am 4. April dieses Jahres die gesetzliche Bestimmung außer Kraft gesetzt, nach welcher die sogenannte „presunção de boa-fé“ (in etwa „Annahme auf Treu und Glauben“) im Goldhandel seit 2013 galt. Diese „presunção de boa-fé“-Maßnahme ist in einem Gesetz aus dem Jahr 2013 vorgesehen und erlaubt den Goldhandel in Brasilien auf der Grundlage von Informationen der Verkäufer:in, die diese/r abgibt und damit erklärt, der Ursprung seines nun zum Verkauf an den/die legalisierte/n Händler:in zu ùbergebendes Goldes seien legale Quellen. Belege dafür mussten nicht vorgelegt werden. Der/die Käufer:in konnte also davon ausgehen, dass die Wahrheit gesagt wurde, und wurde nicht bestraft, wenn sich eines Tages das Gegenteil herausstellte. In der Praxis erleichtert dieser Grundsatz nach Ansicht von Expert:innen den illegalen Bergbau im Land, der unter der Regierung Bolsonaro in den vergangenen Jahren massiv zugenommen hatte und vor allem in indigenen Territorien und Gebieten wie der Yanomami oder Munduruku zu massiven Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen führt.
Richter Mendes erklärte Medien zufolge dazu, dass die fragliche Gesetzesbetimmung „den illegalen Markt fördern, was zu wachsender Umweltzerstörung und zunehmender Gewalt in Gemeinden führte, in denen der Bergbau illegal ist.“ Der Richter legte außerdem fest, dass die Bundesregierung in Brasília binnen 90 Tagen einen neuen normativen Rahmen für die Überwachung des Goldhandels verabschieden müsse. Dies setzt die Regierung Lula noch mehr unter Druck zu handeln, sie hatte aber schon bereits seit Amtsantritt erklärt, diesbezüglich tätig zu werden. Zu seiner Gerichtsentscheidung, die „presunção de boa-fé“ auszusetzen, erklärte Richter Mendes: „Es ist notwendig, dass dieses betrügerische Konsortium, das sich aus illegalen Bergbauunternehmen und kriminellen Organisationen zusammensetzt, so schnell wie möglich gestoppt wird“. Die Gerichtsentscheidung fiel im Rahmen einer direkten Verfassungsklage, die von den Parteien PSB und Rede Sustentabilidade eingereicht worden war. In der Praxis schränkte das bisherige Gesetz die Aufsichts- und Kontrollfunktionen der Zentralbank über Finanzinstitute ein, die für den Handel mit Gold zugelassen sind, die so genannten Distribuidora de Títulos e Valores Mobiliários (DTVM). Diese DTVMs sind ein wichtiges Glied in der Kette der Legalisierung von Gold, das aus indigenen Gebieten und Reservaten, also aus illegalen Quellen stammt. In diesen Unternehmen kann der/die illegale Schürfer:in eine gefälschte Schürfgenehmigung vorlegen und erhält eine Quittung für sein Goldprodukt, die den Transport und den Handel mit dem Produkt legalisiert, obwohl es illegalen Ursprungs ist.
Zudem hatte die Bundessteuerbehörde Ende März eine neue normative Anweisung herausgegeben, in der sie die elektronische Rechnung für die Vermarktung von Gold aus dem Bergbau einführt, um die Nachverfolgbarkeit des Goldes zu verbessern. Seit dem Jahr 2001 hatte die Steuerbehörde die Papierrechnung beibehalten, obwohl das digitalisierte Dokument in vielen Wirtschaftssektoren zur Herkunftssicherung bereits in Gebrauch war. Die elektronische Rechnung ist nun ab Juli dieses Jahres vorgeschrieben.
Diese ersten Schritte weisen in die richtige Richtung, doch Nichtregierungsorganisationen wie Repórter Brasil fordern eine noch längere Liste an konkreten Schritten, die sofort in die Wege geleitet werden müssetn, um den illegalen Goldhandel zu stoppen.
Die Investigativ-Journalist:innen von Repórter Brasil haben Ende Februar diese Liste mit neun Maßnahmen gegen den illegalen Goldbergbau in Brasilien veröffentlicht, die wir hier leicht gekürzt zusammenfassen.
1. Gesetzesänderung 12.844/2013
Eines der größten Probleme ist das Gesetz 12.844/2013, das die Legalität des gehandelten Goldes und die Gutgläubigkeit des Käufers auch ohne Nachweis der Herkunft des Metalls als gegeben annimmt. Die einzige Anforderung ist, dass die Herkunft des Goldes auf einer Papierrechnung angegeben werden muss. Untersuchungen haben jedoch bereits ergeben, dass Gold, das illegal auf indigenem Land gewonnen wurde, dergestalt deklariert wird, als ob es in einem regulären Bergbaubetrieb abgebaut worden wäre. In diesem Moment findet durch Betrug die so genannte „Goldwäsche“ statt (also eine betrügerische Legalisierung des illegalen Metalls). In der Praxis macht es das Gesetz den Verkäufern und Käufern schwer, für ihre Straftaten überhaupt zur Verantwortung gezogen zu werden.
2. Einführung der elektronischen Rechnung und Rückverfolgbarkeit von Gold
Eine weitere dringende Maßnahme besteht darin, die Handelsgeschäfte mit Gold von der Gewinnung bis zur Endverbraucher:in zu digitalisieren und die Rückverfolgbarkeit der Kette zu gewährleisten. In der Praxis ginge es darum, modernste Technologien einzusetzen. Die erste Maßnahme in diesem Sinne wäre die Schaffung einer digitalisierten und dezentralisierten Datenbank, die von der Nationalen Bergbaubehörde ANM verwaltet wird, aber von verschiedenen Nutzer:innen abgerufen werden kann und so für Transparenz sorgt. Dieser Vorschlag wurde vom Institut Escolhas der damaligen Bundesabgeordneten Joenia Wapichana, heute Präsidentin der Indigenenbehörde FUNAI, unterbreitet, die die Anregungen in einen im vergangenen Jahr vorgelegten Gesetzentwurf aufnahm, den sie damals noch in ihrer Zeit als Abgeordnete einreichte.
Die Idee dahinter ist, dass diese Datenbank jeden Schritt auf dem Weg des Goldes in einer ununterbrechbaren Informationskette aufzeichnet, d.h. die Informationen können nicht manipuliert werden und die Datensätze sind miteinander verbunden, basierend auf „Blockchain“-Technologie. In diese Kette können alle Arten von Informationen eingegeben werden, wie z. B. Genehmigungen zum Schürfen oder zum Abbau eines Gebietes, Umweltgenehmigungen, Abbaukapazitäten, jährliche Produktionsberichte, Aufzeichnungen über die beteiligten Personen und vieles mehr.
Der Sektor müsste auch Dokumente einführen, die heute nicht verwendet werden, wie die elektronische Rechnung bei jeder kommerziellen Transaktion und die Goldtransportscheine, ähnlich wie beim Transport von Holz und Vieh. Es ist auch möglich, das Golderz mit einer molekularen Markierung zu versehen, um zu wissen, wo es abgebaut wird. Dieser Code bleibt erhalten, auch wenn das Erz eingeschmolzen oder raffiniert wird.
3. Beauftragung der Zentralbank und des CVM mit der Überwachung der Erstaufkäufer:innen
Die Rückverfolgbarkeit von Gold wird in Zukunft wirksam zur Aufdeckung illegaler Transaktionen beitragen. Was die in den letzten Jahren begangenen Unregelmäßigkeiten und den Schmuggel anbelangt, fordert Sérgio Leitão vom Institut Escolhas, dass die brasilianische Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde CVM und die Zentralbank tätig werden. Diese beiden Institutionen sind für die Aufsicht über die DTVMs (Distribuidoras de Títulos e Valores Mobiliários) zuständig, Unternehmen des Finanzsystems, die den ersten Erwerb des Metalls aus dem brasilianischen Bergbau vornehmen dürfen. Ein Vorschlag des Gesetzentwurfs von Joenia Wapichana zur Vermeidung von Konflikten zwischen der Zentralbank und dem CVM bestand darin, die Zentralbank zu verpflichten, einen jährlichen Bericht über die Aufsicht über diese zum Goldhandel zugelassenen Händler:innen zu erstellen.
4. Die Endkäufer:innen in die Kontrolle der Produktionskette einbeziehen
Nachdem Repórter Brasil aufgedeckt hatte, dass Gold, das illegal aus dem Land der Yanomami, Kayapó und Munduruku gewonnen wurde, in den Produkten der vier wertvollsten Unternehmen der Welt (Apple, Amazon, Google und Microsoft) enthalten ist, begann die US-amerikanische NGO Amazon Watch, diese Unternehmen zu befragen und von den Endkäufern einen Nachweis über den Erwerb des legalisierten Metalls zu verlangen. „Wäre es nicht an der Zeit, die Beweislast umzukehren? Können all diese riesigen Unternehmen nachweisen, dass sie nicht in potenziell illegale Goldströme in Brasilien verwickelt sind?“, so die Organisation damals. Für Amazon Watch sollten diese Unternehmen, wenn sie nicht nachweisen können, dass sie frei von Gold mit indigenem Blut sind, „die Verbindungen zu allen Goldraffinerien kappen, die die Herkunft des Goldes nicht nachweisen können“.
Apple hat seinerzeit einen seiner verdächtigen Zulieferer suspendiert – der nach der Veröffentlichung der Beschwerde durch Repórter Brasil sein Qualitätssiegel verlor und von der Lieferliste für globale Marken gestrichen wurde.
Ein weiterer Versuch, die Produktionskette über die Endabnehmer zu kontrollieren, wird vom Bergbauinstitut Ibram vorgeschlagen, einer Organisation, die im Namen großer Bergbauunternehmen wie Vale, AngloAmerican und BHP Lobbyarbeit betreibt. Die Organisation steht im Dialog mit der Schmuckindustrie, damit diese nur Gold kauft, das von großen Bergbauunternehmen produziert wurde, die nach Angaben des Instituts geprüfte Prozesse durchlaufen. Außerdem hat die Einrichtung den Dialog mit ausländischen Käufern aufgenommen.
5. Stärkung der Nationalen Bergbaubehörde ANM
Die Nationale Bergbaubehörde ANM ist eine der wichtigsten Stellen, wenn es um den legalen oder nicht legalen Bergbau geht. Sie ist zuständig für die Genehmigung der so genannten Permissões de Lavras Garimpeiras (PLGs), also der Schürflizenzen legalisierter Minen. Das Problem ist, dass die PLGs dazu benutzt wurden, illegales Gold zu legalisieren, und zwar auf der Grundlage der oben erwähnten gefälschten Rechnungen. Eine von der Bundesuni UFMG auf der Grundlage von Satellitenbildern durchgeführte Studie ergab, dass es sich bei einigen dieser in den Rechnungen deklarierten Minen um „Geisterminen“ handelte, d. h. um Minen ohne jegliche wirtschaftliche Aktivität.
Eine Quelle, die Repórter Brasil angehört hat, sagt, dass der erste Schritt darin besteht, den Apparat des Organs auszutauschen durch Personen, die eine sozio-ökologische Vision haben. Die zweite Maßnahme ist die Forderung, dass die ANM beginnt, die Produktion der Schürflizenzen zu kontrollieren: Sie sind verpflichtet, jährlich Produktionsberichte zu übermitteln. Diese Berichte sind jedoch selbsterklärend und werden von der Behörde nicht ausgewertet. Es gibt Fälle, in denen kleine Minen behaupten, mehr zu produzieren als die größte Mine der Welt – ein Hinweis darauf, dass sie dazu benutzt werden, illegales Gold zu legalisieren.
6. Gesetzliches Verbot des Einsatzes schwerer Maschinen in Garimpos und Kontrolle ihres Verkaufs
Der Einsatz schwerer Maschinen in den Garimpo-Gebieten ist in den letzten Jahren populär geworden, da sie die Krater schnell öffnen und die Arbeit der Garimpeiros erleichtern, wodurch sich die Gewinnchancen vervielfachen. Einige dieser Geräte, wie Baggerlader, Hydraulikbagger und andere können mehr als 1 Million Reais kosten und stehen im Widerspruch zu der Vorstellung, dass Bergbau eine „handwerkliche“ Tätigkeit kleiner Akteuer:innen sein sollte.
Eine Möglichkeit bestünde darin, von den Unternehmen, die diese Maschinen herstellen, zu verlangen, beim Verkauf strenger zu sein und die Aktivitäten des Käufers zu überprüfen – wenn er beispielsweise im Bergbau tätig ist, soll der kommerzielle Betrieb ausgesetzt werden. Eine Art endverbleibskontrolle, wie es beispielseise bei einigen Waffenarten der Fall ist.
Eine andere Lösung wäre die Einführung eines digitalen, GPS-gestützten Programms, das, sobald es in den Bordcomputer einer Maschine eingegeben wird, einen Alarm auslöst oder sogar den Motor des Fahrzeugs ausschaltet, wenn es sich einem geschützten Gebiet nähert. Da es im Speicher der Maschine gespeichert ist, kann der Fahrer es nicht abstellen.
Die Bundesstaatsanwaltschaft MPF schlägt die Einrichtung eines föderalen Registers vor, das den individuellen Einsatz von Bergbauausrüstungen akkreditiert und überwacht. Diese Maßnahme, die im Handbuch der Institution zur Bekämpfung des illegalen Bergbaus befürwortet wird, würde es ermöglichen, das Schadenspotenzial der Maschinen auf der Grundlage der Größe und Menge der für jeden Bergbaueinsatz vorgesehenen Geräte zu bewerten.
7. Einstufung als abscheuliches Verbrechen und Erhöhung des Strafmaßes
Gegenwärtig kann die illegale Gewinnung von Gold auf nicht genehmigtem Gebiet als zwei Straftaten eingestuft werden: Umweltschädigung und Aneignung des Erbes der Union, die zusätzlich zu einer Geldstrafe mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Die neue Präsidentin der FUNAI, Joenia Wapichana, verteidigt die Verschärfung der Strafen für Umweltverbrechen, zu denen auch der illegale Abbau von Gold durch Garimpos gehört. „Es handelt sich um ein abscheuliches Verbrechen, weil es nicht nur die Umwelt betrifft, sondern auch die Gesundheit, das Soziale, die Kultur und das Leben [der indigenen Völker]“, sagte sie in einem Interview mit Repórter Brasil.
8. Schaffung sozialer Maßnahmen für ehemalige Bergleute
Danicley de Aguiar, Mitglied der Amazonas-Kampagne von Greenpeace Brasilien, ist sich darüber im Klaren, dass die Regierung mehr tun muss, als nur die Bergleute aus dem indigenen Land zu vertreiben – andernfalls werden die Bergleute, die jetzt das Yanomami-Territorium verlassen, in andere Schutzgebiete abwandern oder in ein paar Monaten zurückkehren. „Es ist notwendig, eine Sozialpolitik einzuführen, denn solange es die Möglichkeit des Bergbaus gibt, werden die verarmten Massen angezogen“, sagt Aguiar. Für ihn ist der Bergbau die „Mega-Lotterie“ der armen Bevölkerung im Amazonasgebiet. „Die Menschen wollen unbedingt aus der extremen Armut herauskommen und suchen nach einer Lösung, die der Staat nicht bieten kann.“
9. Kontrolle des Lufttransports im Amazonasgebiet (Anac und FAB)
Die beste Möglichkeit, die Minen im Amazonasgebiet zu erreichen, ist der Kleinflugverkehr, aber die Kontrolle der Regierung über den Luftverkehr im Wald wird als unzureichend angesehen. Und mit dem Vormarsch des Garimpo unter der Regierung Bolsonaro hat sich das Problem noch verschärft. Daten der Nationalen Agentur für Erdöl, Erdgas und Biokraftstoffe (ANP), die über das Gesetz über den Zugang zu Informationen erlangt wurden, zeigen, dass die drei wichtigsten Bergbaustädte in der Region des Tapajós-Flusses im Bundesstaat Pará – Itaituba, Jacareacanga und Novo Progresso – im Jahr 2021 dreimal mehr Flugbenzin verbraucht haben als die Stadt São Paulo im gleichen Zeitraum. Es waren 2,3 Millionen Liter, genug für ein Bergbauflugzeug, um 220 Mal um die Welt zu fliegen.
Laut einer gemeinsamen Untersuchung von The Intercept Brasil, der New York Times und dem Pulitzer Center gibt es im legalen Amazonasgebiet mindestens 1.269 geheime Landebahnen. Ein Drittel von ihnen befindet sich in der Nähe von Goldminen. Diese Zahlen rechtfertigen die Dringlichkeit, dass die Regierung den Verkauf von Flugbenzin kontrolliert. Die ANP könnte von den Einzelhändlern Daten über die Flugzeuge, die das Produkt kaufen, verlangen. Auf diese Weise könnten die Kontrollbehörden erfahren, ob ein bestimmtes Flugzeug zu viel Treibstoff verbraucht, was einen Alarm auslösen würde, um den Betrieb zu überwachen. Ein weiterer Weg wäre die Stilllegung von unregelmäßig gebauten Start- und Landebahnen und die Verbesserung der Flugsicherung in der Region.