Studien

REDD Early Movers

Ergebnisbasierte Zahlungen ohne klimarelevante Ergebnisse?

Gemeinsam mit Norwegen und Großbritannien zählt Deutschland zu den wichtigsten staatlichen Finanzierern des Wald- und Klimaschutzinstruments REDD. REDD steht für Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation – die Minderung von Emissionen aus Entwaldung und durh Waldnutzung, die den Wald schädigt. Die Bundesregierung unterstützt zahlreiche REDD-Initiativen, unter anderem das von der KfW Entwicklungsbank verwaltete Programm REDD Early Movers sowie die Forest Carbon Partnership Facility der Weltbank.

REDD als Paradigmenwechsel im Tropenwaldschutz?

Der Ansatz wird seit 2005 im Rahmen der UN-Klimaverhandlungen diskutiert. Die Befürworter des Instruments hatten hohe Erwartungen an REDD: der markt-orientierte Ansatz sollte Wald- und Klimaschutz miteinander verbinden und durch finanzielle Anreize Entwaldung dort stoppen, wo bisherige internationale Waldschutzinitiativen (angeblich) versagt hatten. Durch die Schaffung handelbarer Kohlenstoffgutschriften aus Waldklimaprojekten sollte REDD auch dem Privatsektor lukrative Investitionsmöglichkeiten bieten. Kurz, die Befürworter von REDD traten mit dem Versprechen an, Entwaldung zu stoppen, indem sie intakten Wald wertvoller machen als abgeholzten.

Bericht zeigt große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit von REDD+-Programmen

Der Bericht ‚REDD Early Movers – ergebnisbasierte Zahlungen ohne klimarelevante Ergebnisse?‘ stellt dem Versprechen, durch finanzielle Anreize Emissionen aus Entwaldung zu mindern, die Umsetzung von REDD+-Maßnahmen im Rahmen des REDD Early Movers-Programms in Brasilien, Ecuador und Kolumbien gegenüber. Insbesondere Beispiele aus dem brasilianischen Bundesstaat Acre machen deutlich, wie weit sich REDD in der Umsetzung von den Versprechen und konzeptionellen Ansätzen entfernt hat, mit denen es seit 2005 als Klimaschutzkonzept angepriesen wird.

Klimarelevante Wirkung aus ergebnisbasierten Zahlungen bei REDD Early Movers Acre und Kolumbien unwahrscheinlich

Im Fall von REDD Early Movers in Acre erhielt die Regierung von Acre zwischen 2012 und 2016/2017 ergebnisbasierte REDD+-Zahlungen für verminderte Emissionen aus Entwaldung von der KfW Entwicklungsbank, obwohl die jährlichen Entwaldungszahlen im gesamten Vertragszeitraum höher lagen als in den Jahren 2007-2009. Bei Abschluss des REDD Early Movers-Vertrags 2012 lag die jährliche Entwaldung in Acre bei 305 km², 2016 stieg sie auf 372 km².

Auch an Kolumbien leistete die KfW Entwicklungsbank ergebnisbasierte Zahlungen, obwohl die Entwaldung in der für das REDD Early Movers-Programm relevanten Region anstieg.

Umsetzung verstärkt konzeptionelle Unzulänglichkeiten

Neben der konzeptionellen Kritik wird von Organisationen in de beteiligten Ländern auch die Umsetzung von Maßnahmen, die aus den ergebnisbasierten REDD+-Zahlungen finanziert werden, vielfach kritisiert. So laufen im brasilianischen Bundesstaat Acre die Zahlungen für alternative Einkommensprogramme laufen oft ins Leere: Fischteiche trocknen in der regenarmen Zeit aus oder laufen während der Regenzeit über; es fehlt an Transportmöglichkeiten für die alternativen Produkte, und eine mit Entwicklungsgeldern unterstützte Kondomfabrik stellte den Ankauf von Latex von Kautschukzapfern aus der Reserva Extractivista Chico Mendes 2015 ein.

In Kolumbien zog die mangelnde Beteiligung lokaler indigener Vertretungen bei der Konzeption und Umsetzung des von REDD Early Movers unterstützten Programms Visión Amazonía 2020 bereits erste rechtliche Schritte nach sich. Das Urteil stellt klar, dass Konsultationen indigener Dachverbände und lokaler Vertretungen indigener Völker nicht ausreichend sind. Das Urteil bestätigt das Recht der betroffenen indigenen Völker auf freie, vorherige, und informierte Zustimmung (oder Ablehnung) jeglicher Intervention, Entscheidung oder Aktivität, die vom Visión 2020-Programm (oder ähnlichen Programmen) finanziert oder gefördert wird und direkte oder indirekte Auswirkungen auf das indigene Territorium hat. Diesem Recht auf FPIC genügt eine reine Konsultation über bereits getroffene Entscheidungen nicht. Eine Delegation lokaler indigener Vertreter aus der kolumbianischen Amazonasregion suchte zudem bereits 2017 das Gespräch mit KfW und GIZ in Kolumbien, um ihre Bedenken über den Konsultationsprozess im Rahmen von REDD Early Movers darzulegen.

In Ecuador unterstützte die Bundesregierung die Initiative ‚Programa Socio Bosque‘. Die Initiative besteht seit 2008 und verfolgte das Ziel, bis 2015 bis zu 4 Millionen Hektar Wald zu schützen und Emissionen aus Entwaldung zu reduzieren. Das Programm bietet einen direkten finanziellen Anreiz pro Hektar geschütztem Wald. Zahlreiche Beispiele belegen, dass ein Socio Bosque-Vertrag keine Garantie dafür ist, dass in dem entsprechenden Gebiet nicht Erdöl gefördert oder Bergbau betrieben wird. Erteilt die Regierung entsprechende Lizenzen, führt dies automatisch zur Auflösung des Socio Bosque-Vertrags. Die Erdölförderung und der Bergbau haben weitreichende negative Konsequenzen nicht nur für das Klima, sondern auch für die Bevölkerung, die zur Sicherung ihres Lebensunterhalts auf den Wald angewiesen ist.

Bericht thematisiert Frage nach der Wirksamkeit von REDD+ als Wald- und Klimaschutzinstrument

Die politische Relevanz von REDD+ ist aufs Engste mit dem Beitrag von REDD+ zum Klimaschutz verknüpft. Waldschutz ist bei REDD+ somit nicht Selbstzweck, sondern dient dem Ziel, durch Minderung von Emissionen aus Entwaldung einen Beitrag zum Klimaschutz zu liefern. Erfüllt REDD+ diese Erwartung nicht, hat dies Konsequenzen nicht nur für den Wald und die vom Wald lebenden Menschen, sondern in erheblich Maß auch für den Klimaschutz. Auch im Interesse eines effektiven Klimaschutzes ist deshalb eine kritische Debatte des Instruments REDD+ geboten.

Inhalt

Vorwort 4
Das große REDD+ Versprechen 6
REDD+ Finanzierung 9
REDD+ Engagement der Bundesregierung 12
Forest Carbon Partnership Facility der Weltbank 12
REDD Early Movers Programm 13
REDD+ und die Ursachen der Entwaldung in Amazonien 16
Erste Erfahrungen mit REDD Early Movers 20
Programa Socio Bosque in Ecuador:
Zentrales REDD+-Programm finanziert
an den Entwaldungsursachen vorbei 20
REDD Early Movers in der Amazonasregion
Kolumbiens: Zu Ende, bevor es richtig begonnen hat? 24
REDD Early Movers in Acre, Brasilien:
Zahlung trotz steigender Entwaldungstendenz seit 2009 26
Lehren aus der bisherigen Umsetzung von REDD Early Movers 32
Forderungen an eine glaubwürdige Evaluierung
des REDD Early Movers-Programms 34

Impressum

Herausgeber:
ARA, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V. (FDCL),
Institut für Ökologie und Aktions-Ethnologie (infoe), Klima-Bündnis
Autor*innen:
Jutta Kill, unter Mitarbeit von Thomas Fatheuer
Lektorat / Layout:
Wolfgang Kuhlmann
Bildnachweis:
Jutta Kill (15, 30), Wolfgang Kuhlmann (1,4-5)
Druck:
15 Grad | Zossener Straße 55 | 10961 Berlin
Gedruckt auf 100% Recyclingpapier
Gefördert durch:
Rosa-Luxemburg-Stiftung
Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e. V.
Diese Publikation wurde mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union erstellt.
Für den Inhalt dieser Publikation sind die Herausgeber*innen alleine verantwortlich; die
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(CC BY-NC-SA 4.0)
© FDCL-Verlag, Berlin, Januar 2018
ISBN: 978-3-923020-80-5

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