Veranstaltung

Brasilien: Demokratie in Gefahr!

Eine gemeinsame Veranstaltungsreihe im Herbst 2018

Brasilien-Veranstaltungsreihe im September, Oktober und November dieses Jahres (siehe Einzeltermine weiter unten)
Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva im Gefängnis und sein voraussichtlicher Ausschluss von den Präsidentschaftswahlen, die Ermordung von Marielle Franco, einer Abgeordneten aus Rio de Janeiro, die Militärintervention in Rio, eine umsichgreifende Gewalt, Korruptionsskandale, ein rechter und homophober Politiker mit der nach Lula höchsten Zustimmung in den Wahlumfragen und große Rückschritte im Umwelt- und Indigenenschutz: Wie ist die aktuelle Situation in Brasilien zu bewerten?
Wie ist es zu erklären, dass das einstige Hoffnungsland in zwei Jahren derartige politische, wirtschaftliche und ethische Rückschläge erlitten hat? Was können fortschrittlichen Kräfte tun, um das Schlimmste zu verhindern? Was wird aus den Reformen und Sozialprogrammen der Ära Lula/Rousseff? Was sind die Positionen und Bewertungen der sozialen Bewegungen, wie sehen kritische JournalistInnen und WissenschaftlerInnen die Situation in Brasilien? Und vor allem: Was sind die Perspektiven im Wahljahr 2018?
Diese und weitere Fragen wollen wir im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe im September, Oktober und November dieses Jahres mit Gästen aus Brasilien erörtern.

Brasilien: Demokratie in Gefahr! – Eine gemeinsame Veranstaltungsreihe im Herbst 2018 von:
Friedrich-Ebert-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Stiftung Umverteilen, Brasilien Initiative Berlin, FDCL, KoBra, Brasilien Initiative Freiburg, Arbeitskreis Solidarität mit brasilianischen Gewerkschaften Mannheim-Ludwigshafen, Lateinamerika-Forum/Foro de las Américas Berlin

Bisher geplantes Programm:
27. Sept. 2018: 18 Uhr: Abendveranstaltung im REFUGIO: „Rein in die Wahl, raus aus der Krise?“, Lenaustraße 3-4, 12047 Berlin, organisiert von der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Um Anmeldung wird gebeten (externer Link: Friedrich-Ebert-Stiftung).

Die Veranstaltung findet mit folgenden Gästen statt:
– Wagner Romão, Politikwissenschaftler UNICAMP; Schwerpunkt im Rahmen des Besuchs: Politisch-institutionelle Krise und gesellschaftliche Polarisierung.
– Camila Asano von der NGO Conectas, Schwerpunkt im Rahmen des Besuchs: Soziale Auswirkungen der Austeritätspolitik.
– Esther Solano, Professorin für internationale Beziehungen (Universidade Federal de São Paulo), Schwerpunkt im Rahmen des Besuchs: Polarisierung

15. Okt. 2018: 19 Uhr: Abendveranstaltung in Freiburg i.Br.: „Demokratie in Gefahr! Brasilien vor dem Wahlkampf-Finale“
Mit: Itamar Silva (Ibase) und Christian Russau (Moderation, FDCL)
15.10.2018, von 19:00 bis 21:00 Uhr
Ort: Großer Saal, Haus 037, Alfred-Döblin Platz 1, 79100 Freiburg (weitere Infos hier)

18. Okt. 2018: 18:30 Uhr: Abendveranstaltung im REFUGIO: „Brasilien nach dem ersten Wahlgang: Ist ein Sieg der Extremen-Rechten noch zu verhindern?“, Ort: Lenaustraße 3-4, 12047 Berlin, organisiert von der Heinrich-Böll-Stiftung,

mit:
Eliane Brum, Schriftstellerin, Journalistin und Dokumentarfilmerin
Itamar Silva, Direktor des Brasilianischen Institut für soziale und wirtschaftliche Analysen IBASE (Instituto Brasileiro de Análises Sociais e Econômicas)
Moderation: Thomas Fatheuer, ehemaliger Büroleiter der Heinrich-Böll-Stiftung in Rio de Janeiro

In Brasilien waren am Sonntag, den 7.10, rund 145 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimme bei den Präsidentschafts-, Kongress- und Gouverneurswahlen abzugeben. Der erste Wahlgang hat ein politisches Erdbeben ausgelöst. Große Teile des Landes sind weit nach rechts gerückt und der rechts-radikale Präsidentschaftskandidat Jair Bolsonaro, der rassistische, sexistische und homophobe Ansichten vertritt und offen die frühere Militärdiktatur sowie Folter befürwortet, geht als Favorit in die zweite Runde der Präsidentschaftswahl. Mit großem Vorsprung und 46 Prozent der Stimmen errang der Ex-Militär einen klaren Erfolg. An zweiter Stelle lag Fernando Haddad von der linken Arbeiterpartei PT mit 29 Prozent der Stimmen.

Auch im Parlament setzte sich der Trend nach rechts fort: Die PT bleibt mit 56 Abgeordneten zwar die größte Partei aber Bolsonaros Zwergpartei, die PSL, ist von 8 auf 52 Sitze angewachsen und stellt nun die zweitstärkste Fraktion im Kongress hinter der PT. Viele Militärs und Evangelikale, die traditionell dem rechts-konservativen Lager zuzurechnen sind, haben bei diesen Wahlen ganz gezielt auf verschiedenen politischen Ebenen kandidiert und verstärkt Einzug in die Landesparlamente und in den Kongress gehalten.

Die mächtige Lobby der Agrarindustrie hat sich hinter Bolsonaro gestellt. Den Agrarunternehmer/innen hatte er versprochen, die gentechnikintensive Landwirtschaft mit massivem Pestizideinsatz weiter auszubauen und weiteren Amazonas-Regenwald für Agrarflächen abzuholzen. Bolsonaro hat in diesem Zusammenhang angekündigt, keinen einzigen Hektar Land mehr für Schutzgebiete der Indigenen in Amazonien bereitstellen zu wollen. Auch die Waffenlobby in Brasilien bekommt mächtigen Rückenwind von Bolsonaros politischem Programm, das eine weitgehende Freigabe von Schusswaffen fordert. Haddad und Bolsonaro treffen am 28. Oktober in der Stichwahl aufeinander.

Ob es gelingen kann, den in den letzten Wochen und Tagen stattfindenden rasanten Aufstieg des rechtsradikalen Kandidaten noch zu bremsen, ist völlig offen: Rutscht das Land endgültig in die Autokratie ab oder kann der bereits seit dem Parlamentsputsch 2016 andauernde, extrem rechtskonservative Rollback gestoppt werden?

Vor diesem Hintergrund möchten wir mit unseren Gästen aus Brasilien, Eliane Brum und Itamar Silva, folgenden Fragen nachgehen: Was sagen die ersten Wahlergebnisse über die politisch-institutionelle Krise und den Zustand der brasilianischen Demokratie aus? Welche Szenarien ergeben sich für die zweite Wahlrunde? Können sich progressive und linke Kräfte zusammenschließen oder wird Bolsonaros extrem rechtskonservativer Block weiter erstarken? Was bedeuten die verschiedenen Wahlergebnisszenarien für die Sicherheits- und Umweltpolitik Brasiliens sowie für die Rechte von Indigenen und Kleinbäuerinnen u.a. im Amazonien?

Zu unseren Gästen:

Eliane Blum ist eine renommierte Journalistin, Schriftstellerin und Amazonienexpertin. Sie ist Kolumnistin für die Zeitung El Pais Brasil und forscht in Amazonien zur dortigen Umweltsituation sowie zu den Auswirkungen des Mega-Staudamm-Projektes Belo Monte auf lokale Bevölkerungsgruppen.

Itamar Silva arbeitet als Koordinator beim sozialwissenschaftlichen Institut IBASE in Rio de Janeiro. Er ist Aktivist der Favela Bewegung und Mitglied der Observatório da Intervenção, einer Initiative der Zivilgesellschaft, die im Februar 2018 gegründet wurde, um die Aktivitäten der Militärintervention im Bundesstaat Rio de Janeiro zu beobachten.

Sprache: Simultanübersetzung Deutsch-Portugiesisch

Eintritt frei

5. Nov. 2018: 19 Uhr: „Brasilien: Demokratie in Gefahr! Linke Perspektiven nach den Wahlen“, Abendveranstaltung im REFUGIO, Lenaustraße 3-4, 12047 Berlin, organisiert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, mit folgenden Gästen:
– Vitor Guimarães, Generaldirektion der Wohnungslosenbewegung MTST
– Juliana Gonçalves, Journalistin und Mitglied der antirassistischen feministischen Bewegung „Marcha das Mulheres Negras de São Paulo“

9. Nov. 2018: 18 Uhr: „Die feministischen Kämpfe und die Rollen einer Kommunikation von unten in Brasilien“, Abendveranstaltung im EVA-Frauenzentrum, Saalgasse 15, 60311 Frankfurt, organisiert von abá e.V. – Arbeitskreis für Menschenrechte in Brasilien, u.a., mit folgendem Gast:
– Juliana Gonçalves, Journalistin und Mitglied der antirassistischen feministischen Bewegung „Marcha das Mulheres Negras de São Paulo“

As lutas feministas e os papéis da comunicação popular no Brasil
Ao redor do mundo o Movimento de Mulheres vem sendo a vanguarda das transformações sociais. No Brasil, não é diferente. As mulheres organizadas pelo movimento feminista vêm pautando importantes lutas e fazendo frente ao racismo e sexismo que estruturam o capitalismo. Neste cenário, a construção de novas narrativas midiáticas voltadas ao poder popular é uma das prioridades. Vamos conversar sobre a expansão dos feminismos (em especial o negro, interseccional e decolonial) a luta por uma comunicação popular, do povo para o povo.
Com: Juliana Gonçalves, Marcha das Mulheres Negras São Paulo

Die feministischen Kämpfe und populäre Kommunikationswege in Brasilien
Die Frauenbewegung war und ist die Vorreiterin vieler sozialer Umwandlungen auf der ganzen Welt. In Brasilien ist es nicht anders. Die Frauen der feministischen Bewegung haben wichtige Thematiken ins Spiel gebracht und gegen Rassismus und Sexismus, die die Struktur des Kapitalismus in Brasilien bilden, gekämpft. In diesem Szenario ist der Aufbau einer neuen und alternativen Berichterstattung, die sich auf das Empowerment der Bevölkerung richtet, eine der Prioritäten dieser Bewegung. Bei dieser Veranstaltung wird über die Ausweitung der feministischen Bewegung in Brasilien (insbesondere die afrobrasilianischen, intersektionalen und dekolonialen feministischen Bewegungen werden näher betrachtet) und über den Kampf für direkte und alternative Kommunikationswege innerhalb unterprivilegierter Bevölkerungsgruppen berichtet.
Referentin: Juliana Gonçalves, brasilianische Journalistin und Aktivistin des afrobrasilianischen Frauenmarsch aus São Paulo, Brasilien.

Einige der Gäste werden auch auf weiteren Veranstaltungen im Bundesgebiet auftreten. Diese Termine werden zeitnah hier publiziert.