Geschäfte mit Ackerland bedrohen kleinbäuerliche Landwirtschaft in Lateinamerika
Ein Dossier vom Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika und der Monatszeitschrift Lateinamerika Nachrichten.
Ackerland gilt neuerdings als höchst lukrativ. Spätestens seit der jüngsten Finanzkrise 2008/2009 widmen Unternehmen, Politik, Nichtregierungsorganisationen und soziale Bewegungen dem ländlichen Raum unter dem Schlagwort „Land Grabbing“ verstärktes Interesse. Akteure gibt es dabei viele. Private Fonds investieren in Land, um Profite zu erzielen, Schwellenländer bauen jenseits ihrer Territorialgrenzen Lebensmittel für die
eigene Bevölkerung an und Unternehmen kaufen oder pachten in vielen Ländern des globalen Südens Ackerland zu Spottpreisen. Die Rechnung ist simpel: Eine anwachsende Weltbevölkerung, steigender Bedarf an Lebensmitteln, zunehmender Fleischkonsum in Schwellenländern und die Begrenztheit landwirtschaftlicher Anbauflächen garantieren auf lange Sicht gute Geschäfte im Agrarbereich.
Hinter dem Trend steht die grundsätzliche Frage, welches Agrarmodell den Menschen nützt, sprich, was zu welchen Bedingungen und für welche Zwecke auf dem zur Verfügung stehenden Ackerland angebaut werden soll. Denn dieses wird nicht nur zur Produktion von Lebensmitteln genutzt, sondern bringt auch Futtermittel für die Massentierhaltung oder Agrosprit hervor. Verliererin ist vor allem die kleinbäuerliche Landwirtschaft, der
es oftmals an politischer Unterstützung und technischen Verbesserungen mangelt. Entgegen den Argumenten der Agrarindustrie stellt die kleinbäuerliche Landwirtschaft weltweit einen Großteil der Lebensmittel her und ist nicht selten produktiver als industrielle Landwirtschaft. Durch entsprechende Rahmenbedingungen wären Kleinbäuerinnen und -bauern in der Lage, die Welt nachhaltig zu ernähren.
Bei der Jagd nach Land mischen dabei keineswegs nur europäische oder US-amerikanische Akteure mit, wie ein Artikel über brasilianische Agrarunternehmen zeigt, die weit über die Landesgrenzen hinaus aktiv sind. Außerdem werden die Rolle von Investment-Fonds sowie die Reaktionen der nationalen Regierungen auf den massiven Ausverkauf von Land an ausländische Investoren beleuchtet. Zuletzt wird beispielhaft die aktuelle Landreform in Bolivien einer kritischen Bilanz unterzogen. Abgerundet wird das Dossier durch ein Glossar, in dem einige der häufiger vorkommenden Fachbegriffe kurz erklärt werden, sowie Tipps zum Weiterlesen.
Bei der Breite des Themas müssen in diesem Rahmen notgedrungen interessante Aspekte auf der Strecke bleiben. Zum Beispiel stehen auch die Ausbeutung nicht agrarischer Rohstoffe sowie die mit der Ressourcenausbeutung einhergehenden Infrastrukturmaßnahmen in Flächenkonkurrenz zu kleinbäuerlicher Landwirtschaft. Die Möglichkeiten von Widerstand und der Entwicklung von Alternativen werden nur angerissen.
Das Dossier bietet Einblicke in einen Themenbereich, der für die Zukunft des Kontinents und darüber hinaus immense Bedeutung hat. Die dabei vorhandenen Lücken sollen auch als Aufforderung dienen, das Thema zu vertiefen.
Inhalt
4 Agrarfrage sucht Antworten
Ein Dossier zu Landkonflikten und Land Grabbing in Lateinamerika
7 Die Landfrage bleibt ungelöst
Trotz zahlreicher Landreformen hat sich an der ungleichen Verteilung des Bodens in Lateinamerika bis heute wenig geändert
12 Milpa-Menschen
Essay über eine traditionelle Anbauweise aus Zentralamerika
18 Hundert Jahre Vergeblichkeit
In Mexiko hat die marktorientierte „Landreform“ der Weltbank gemeinschaftliche Formen des Landbesitzes ersetzt
22 Für das Leben
In Paraguay wächst der Widerstand gegen Sojamonokulturen
25 Der Kolonist von nebenan
Brasilianische Agrarunternehmer_innen investieren auch außerhalb des eigenen Landes
28 Rückkehr mit vielen Fragezeichen
Ölpalmen verschlucken kleinbäuerliche Gemeinden im Westen Kolumbiens
32 „Das neue Landgesetz ist eine Farce“
Mauricio Meza von der kolumbianischen Menschenrechtsorganisation COMPROMISO über die neuen Gesetze zur Rückgabe von Land an Vertriebe
34 Zwischen Patriotismus und Plünderung
Die neue Landnahme in Lateinamerika führt zu Reaktionen von Regierungsseite
37 Agrarrevolution mit Handbrmese
In Bolivien kommen die von Präsident Evo Morales angekündigten einschneidenden Landreformen nur schwer in Gang
41 Glossar und Tipps zum Weiterlesen
Impressum
HERAUSGEBER:
FORSCHUNGS- UND DOKUMENTATIONSZENTRUM CHILE-LATEINAMERIKA E.V. UND LATEINAMERIKA NACHRICHTEN
Erscheint als Dossier Nr. 4 innerhalb der LN 447/448 (September/Oktober 2011) sowie als separate Themenbroschüre.
Redaktion: Redaktionskollektiv der Lateinamerika Nachrichten
V.i.S.d.P. Olga Burkert, Manuel Burkhardt, Thomas Fritz, Alke Jenss und Tobias Lambert
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