FREIHANDELSAGENDA

Es gibt zur Zeit eine äußerst umfassende Agenda internationaler Verhandlungen über Freihandel, die auf verschiedenen Ebenen, in verschiedenen Foren und zwischen verschiedenen Akteuren geführt wird: diese Verhandlungen betreffen – mit geringen Abweichungen – stets die gleichen Themen:

  • Es geht um die Liberalisierung der gegenseitigen Marktzugänge (Abbau von Zöllen) in den Bereichen Gütern (Agrarprodukte und Nicht-Agrarprodukte),
  • um die Marktöffnung im Bereich Dienstleistungen, · um den über international rechtskräftig gültige Verträge abgesicherten sogenannten Schutz der Geistigen Eigentumsrechte (Bereich von Patenten, Verbot von Nachahmer- oder sogenannten Piraterieprodukten, etc.) · um Liberalisierung bei Kapitalverkehr, um Streitschlichtungsmechanismen, Anti-Dumping – und Ausgleichspolitiken, usw.

Dabei orientieren sich diese Verhandlungen jeweils an den Grundprinzipien der in der WTO gültigen Regeln der sogenannten „Nicht-Diskriminierung“: „Nicht-Diskriminierung“ bedeutet dabei stets, daß grundsätzlich sämtliche den „freien grenzüberschreitenden Handel“, also den „Weltmarkt“, behindernde staatliche Auflagen, Regelungen, etc. verboten werden.

Dahinter steht der neoliberale Gedanke,

  • daß der freie Verkehr von Kapital, Gütern und Dienstleistungen nicht behindert werden dürfe,
  • daß alles, was in irgendeiner Form legal käuflich und verkäuflich ist, auch als frei handelbares Gut jederzeit grenzüberschreitend käuflich und verkäuflich zu sein habe, und
  • daß dieser freie, grenzüberschreitende Handel einzig nur den Gesetzen eines freien, sprich: deregulierten Marktes zu folgen habe, ohne jeglich staatliche Beeinträchtigung, die als Diskriminierung empfunden werden könnte.

Neoliberale Theorie erhofft sich davon schier unendliches Wachstum, da letztlich die Summe aller marktvermittelten Aktivitäten Wachstum und Wohlstand als ganzes bestmöglich fördere. Eigentliches Ziel dabei ist es allerdings, international rechtskräftige Verträge durchzusetzen, die der Regulierung der umfassenden Deregulierung  dienen, – also der Tor- und Schleusenöffnung für den freien, ungeregelten Markt – mithin wirtschaftliche Globalisierung durchsetzen unter letztgültiger Ausschaltung wirtschaftsregulierender Politikgestaltung.

„Wirtschaftsregulierende Politikgestaltung“ bedeutete die Möglichkeit, in allen oben genannten von Marktliberalisierung betroffenen Bereichen, Maßnahmen von Seiten der Politik zu betreiben, die die einheimische, also auch die regionale oder lokale Wirtschaft, schützen könnten: das könnten Auflagen bei Investitionen sein, die einen lokalen/regionalen Zuliefereranteil, die Technologietransfer, die die Schaffung regionaler Wertschöpfungsketten, die Binnenmarkt- oder auch Exportmarktorientierung etc. fördern. Es könnten auch Bestimmungen sein, die öffentliche Aufträge im Lande zu halten versuchen, um einerseits Devisen zu sparen und andererseits regionale Wirtschaftskreisläufe zu stimulieren. Es könnten Bestimmungen sein, die – wie in Brasilien – freien Kapitalverkehr grundsätzlich zulassen, aber sich für den Fall von etwaigen Finanzkrisen die Bedingung der Möglichkeit offen hält, per Gesetz das frei über Grenzen fluktuierende Kapital kontrollieren zu können: Aber eine solche Bedingung der Möglichkeit , Kontrollen durchzuführen, entwicklungsfördernde Auflagen erteilen zu können, beispielsweise die eigene Landwirtschaft vor subventionierten Agrarimporten einseitig zu schützen, etc., – all dies würde über die in den verschiedenen Foren verhandelten internationalen Freihandelsverträge und Liberalsierungsabkommen erschwert, wenn nicht sogar verunmöglicht.

Inhalt

1.  FREIHANDELSAGENDA
2.  BRASILIENS AGENDA ZWISCHEN WTO, ALCA UND EU-MERCOSUR
3.  BRASILIENS VERSUCH EXPORTGESTÜTZER ENTWICKLUNG
4.  BRASILIENS VERSUCH EXPORTGESTÜTZTER ENTWICKLUNG VOR DEM HINTERGRUND DES SCHULDENDILEMMAS
5.  LITERATURLISTE
6.  ÜBER DAS FDCL

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Christian Russau, Mitarbeiter im FDCL-Projekt „Freihandel und industrielle Entwicklung“ und Vorstandsmitglied der Kooperation Brasilien e.V. – KoBra.

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