Veranstaltung

Brasiliensolidarität

damals und heute

Brasildefato-4-CCBY-NC-SA2.0Zeitzeug_innen und Akteur_innen im Gespräch, im Rahmen der Nunca Mais Brasilientage: Mit Marijane Lisboa, Heinz F. Dressel, Osmar Gogolok, Peter Klien, Clemens Schrage; Moderation: Luiz Ramalho

Zu den von ihnen während der Diktatur verübten Menschenrechtsverletzungen verweisen die Militärs auch heute noch auf den „Kampf gegen den Terrorismus“, der unter anderem den bewaffneten Widerstand meinte. Bei diesem Kampf ermordeten die Militärs, etwa bei der Guerilla von Araguaia, Dutzende Gefangene. Der bewaffnete Widerstand war indes eine Reaktion auf die unmittelbar nach dem Putsch einsetzenden massiven Menschenrechtsverletzungen. Breite Säuberungsaktionen wurden in Universitäten, Gewerkschaften, in den Streitkräften, in Staatsbetrieben und –einrichtungen durchgeführt. Man spricht von bis zu 70.000 Verfolgten. Viele wurden entlassen, inhaftiert, gefoltert und ins Exil abgeschoben. In Deutschland erschienen hierüber schon früh Berichte in den Medien. Dahinter stand auch der Druck einer Gegenöffentlichkeit, die ihre Solidaritätsarbeit mit Brasilien auch verstand als politische Arbeit: Die Verantwortlichen sollten beim Namen genannt werden. So dominierten Themen wie Folter und das Verschwindenlassen politisch Oppositioneller in Brasilien die Informationskampagnen der bundesdeutschen Brasilien-Soliszene der Zeit. Aber nicht minder wichtig war die Unterstützung bei Behördengängen oder bei der Bewältigung deutschen Alltags.

So werden bei der Veranstaltung Aktivist_innen von damals zu Wort kommen und über ihre Motivation, ihr Engagement und die damaligen Hintergründe in Brasilien berichten. Und es soll ein Bogen zur aktuellen Solidaritätsbewegung gespannt werden. Was heißt Solidarität heute? Wie äußert sie sich?

Marijane Lisboa war 1969 verhaftet worden, gelangte 1970 nach Chile, kam nach dem 11. September 1973 über Mexiko und Belgien nach Deutschland und lebte in West-Berlin. Ab 1980 lehrte sie an der Universität PUC in São Paulo, 1991 mitbegründete sie Greenpeace Brasilien, wo sie auch einige Jahre arbeitete. Zudem war sie zwischen 2007 und 2011 Berichterstatterin für Umweltrechte bei der Plataforma DHESCA in Brasilien.

Peter Klein war Aktivist bei Amnesty International in den 70er und 80er Jahren und gründete damals die Koordinationsgruppe Brasilien bei Amnesty International Deutschland.

Clemens Schrage zog 1951 von Köln nach Brasilien und schloss sich dort dem Widerstand gegen das Regime an. Nach Verfolgung und längerer Haft wurde er nach Deutschland ausgewiesen, wo er sich der Solidaritätsbewegung anschloss.

Der Franziskanerpater Osmar Gogolok leitete rund 40 Jahre das Institut für Brasilienkunde am Mettinger Comenius-Kolleg. Während der Zeit der Militärdikatur werteten Pater Osmar und seine Mitbrüder brasilianische Medien aus und informierten die deutsche und europäische Öffent lichkeit über die Menschenrechtsverletzungen in Brasilien.

Pastor Heinz F. Dressel war von 1952 bis 1967 als Pfarrer in der Synode von Rio Grande do Sul in Südbrasilien tätig. Ab 1972 war er als Leiter des Ökumenischen Studienwerkes e.V. in Bochum mit der Betreuung politisch Verfolgter aus Lateinamerika betraut.

Luiz Ramalho erlitt im Juni 1968 in Rio de Janeiro bei der Sexta Feira Sangrenta (Blutiger Freitag) eine Schussverletzung. 1969 verließ er Brasilien. Wegen öffentlicher Auftritte in Deutschland gegen die Militärregierung wurde ihm der brasilianische Pass 1970 entzogen. Ohne Papiere wurde er jahrelang von der Deutschen Ausländerpolizei geduldet, nachdem die evangelische Kirche und mehrere Politiker_innen sich für seinen Verbleib in Deutschland eingesetzt haben.

Luiz Ramalho ist Soziologe und Ökonom und ist Initiator der Nuncamais Brasilientage. Er hat in Frankfurt/M, Paris und Berlin studiert und an der Freien Universität Berlin promoviert, wo er von 1977 bis 1982 als wissenschaftlicher Assistent gearbeitet hat.

Veranstalter