Kaum ein anderes Thema durchzieht so beständig die politischen Diskussionen unter und mit Lateinamerikanern wie die Frage nach der Rolle der Sozialdemokratie. In diesen Diskussionen wird aber auch deutlich, wie schwer für sie eine politische Kraft einzuschätzen ist, die mit den verschiedensten zungen spricht, zu rechten wie zu und mit den USA zugleich konkurriert und auf engste kooperiert.

Stellt die internationale Sozialdemokratie in Lateinamerika ein „trojanisches Pferd“ des europäischen, speziell westdeutschen Imperialismus dar, der sich im Mäntelchen der Reformkraft Zugang zu Märkten und Entscheidungszentren verschafft? Oder verdankt sie ihre bisherigen Erfolge vielmehr ihrer Nützlichkeit für die verschiedensten Arten bürgerlich – demokratischer und linker Parteien, denen das Wasser der Konterrevolution bis zum Hals steht, und die daher die ihnen angebotene Minimal- Plattform als eine Art, Arche Noah´benutzen? Oder entpuppt sich schließlich das Engagement der SI in Lateinamerika als ein potemkinsches Dorf, das auf den ersten Blick- und in einer günstigen Konjunktur – inflationäre Erwartungen wecken konnte, sich nun aber zunehmend als macht- politisch, ökonomisch und konzeptionell hohl erweist?

Im vorliegenden band wird erstmals der Versuch unternommen, diesen Fragen in einem größerem Zusammenhang von politischen, historischen und länderbezogenen Studien nachzugehen.