Wo liegen die Ursachen für Land Grabbing?

Vor dem Hintergrund der wachsenden Weltbevölkerung, zunehmender Landnutzungskonflikte und ökologischer Belastungen wie dem Klimawandel wird auch landwirtschaftlicher Boden immer mehr zu einem knappen Gut und rückt somit verstärkt ins ökonomische Interesse. In diesen Zusammenhang ist auch Land Grabbing einzuordnen. Der Boden als Produktionsfaktor steht mehr denn je unter dem Druck verschiedener Nutzungsinteressen. Anhaltendes Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und damit einhergehende fortschreitende Flächenversiegelung sowie Klimawandel, Desertifikation und großflächige Erosionen erhöhen die Nachfrage und den Preis des Bodens sowie der damit verbundenen natürlichen Ressourcen. Weitere Faktoren verstärken die neue Landnahme:

Nahrungsmittelkrise

Der Preisanstieg für Nahrungsmittel auf dem Weltmarkt in den Jahren 2005 bis 2008 hat den Prozess der Landnahme gefährlich beschleunigt. Im Zuge der ansteigenden Weltmarktpreise auf Agrarprodukte stiegen auch die Preise für Boden in den rasch wachsenden Schwellenländern und der industrialisierten Welt. Dies machte das billigere Land in den Entwicklungsländern für InvestorInnen zunehmend attraktiv. Die Explosion der Nahrungsmittelpreise führte dazu, dass vom Nahrungsmittelimport abhängige Staaten befürchteten, ihren steigenden Nahrungsmittelbedarf nicht mehr vom Weltmarkt abdecken zu können. Zu diesen Staaten zählen China, Indien, Südkorea, Japan und Saudi Arabien. Die Bevölkerung dieser Staaten wächst stark an, während ihre nutzbare Ackerfläche begrenzt ist. Eine zunehmende Nahrungsmittelimportabhängigkeit ist die Folge. Vor diesem Hintergrund kaufen oder pachten staatliche und halbstaatliche Firmen mit Unterstützung der Regierungen große Ackerflächen in Drittländern. Die darauf angebauten Produkte sind fast ausschließlich für den Export bestimmt. Das heißt, sie werden in die Staaten der InvestorInnen importiert und dienen so der Ernährungssicherheit dieser Staaten.

Die Finanzmarktkrise

Eine weitere Ursache der neuen Landnahme stellt die globale Finanzmarktkrise dar. Nach der Hypotheken- und Finanzkrise sind InvestorInnen nun auf der Suche nach neuen Anlagemöglichkeiten. Das Geschäft mit Ackerland stellt für sie eine sichere Anlagemöglichkeit mit lukrativen Renditemöglichkeiten dar. Hedgefonds und Banken investieren Geld in Landgeschäfte in der Hoffnung auf große Profite. Ackerland wird so zum Spekulationsobjekt. Angesichts mittelfristig steigender Agrarpreise wird das Interesse an Landgeschäften noch steigen. Der in den letzten Jahren deregulierte intransparente internationale Finanzmarkt macht dies möglich.

Der Klimawandel

Der Klimawandel verschärft die Lage zusätzlich. Globale Erwärmung, kürzere Regenzeiten, der Anstieg des Meeresspiegels, zunehmende Dürren und Schädlingsbefall führen zu Ernteausfällen. Knapper werdende Ackerlandressourcen stehen einer steigenden Bevölkerungszahl gegenüber. Auf dem globalen freien Markt verstärken diese Faktoren den Ausverkauf von Land.

Die Neoliberale Wirtschaftspolitik und Investitionsschutzabkommen

Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung, die Kernelemente der neoliberalen Wirtschaftspolitik, wurden ab den 1980er Jahren von Internationalem Währungsfonds (IWF) und der Weltbank unter maßgeblicher Führung der USA fast weltweit durchgesetzt. Diese langfristigen strukturellen Veränderungen stärkten und formalisierten die Privatisierung von Land und den internationalen Fluss von Investitionen. Heute unterstützen und legalisieren die neuen internationalen Freihandels- und Investitionsabkommen als Teil dieser neoliberalen Politik die Landnahme. Freihandelsabkommen wie NAFTA (North American Free Trade Agreement), das US-Peru-Freetrade Agreement und andere haben strenge Vorschriften, die es den InvestorInnen erlauben, Schadenersatz einzuklagen, wenn sie glauben, dass ihre Investitionen und Profite durch nationale Entscheidungen gefährdet werden könnten. Ende 2008 waren knapp 2.700 bilaterale Investitionsschutzabkommen in Kraft, wovon 42 Prozent zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern abgeschlossen worden waren. Landaufkäufe und Pachtverträge werden so mittels der Schutzvorschriften für Investitionen in den internationalen Handelsabkommen juristisch legitimiert und abgesichert. Diese Investitionsschutzabkommen sowie die allgemeine Privatisierung und Liberalisierung im globalen Wirtschaftssystem macht Land zu einer global handelbaren Ware und ermöglicht bzw. forciert Land Grabbing.