
Die afro-indigenen Garífuna leben seit Ende des 18. Jahrhunderts an der Karibikküste Zentralamerikas. 1797 gründeten sie in Punta Gorda auf der Insel Roatán im heutigen Honduras ihre erste Gemeinde. Inzwischen leben sie auch an der Küste von Honduras, Nicaragua, Guatemala und Belize. Doch ihre Präsenz in der Karibik reicht noch länger zurück und ist mit einer einzigartigen Geschichte verbunden.
1625: Es war die Zeit der Eroberung und Unterwerfung der Amerikas. Millionenfach wurden Westafrikaner*innen verschleppt und in den europäischen Kolonien versklavt. Auch Vorfahr*innen der Garífuna wurden in ihrer westafrikanischen Heimat geraubt, doch ihr Schicksal wurde ein anderes: Das Schiff, das sie in die Versklavung verschleppen sollte, erlitt Schiffbruch und die Überlebenden konnten sich auf die kleine Insel San Vicente mitten im karibischen Meer retten. Hier lebten die indigenen Arawak und die Schiffbrüchigen wurden von ihnen freundlich aufgenommen. Im Zusammenleben entstand eine eigene Sprache mit Einflüssen aus Westafrika und der Karibik, eigene Essens-, Tanz- und Musiktraditionen, die wichtige kulturelle Bedeutungen haben.
Schon immer lebten sie in enger Verbindung mit dem Land und dem Meer. Die Kultur der Garífuna ist vom Land und dem Meer nicht zu trennen. Aus dieser engen Verbindung zu ihrer Umgebung entstand ein umfassendes Wissen über die heilende Wirkung der Pflanzen. Seit je her spielen Frauen bei den Garífuna eine wichtige Rolle, sie sind Heilerinnen und die Führerinnen in den Gemeinden.
Doch zurück in die Zeit der Kolonisierung: Ende des 18. Jahrhunderts kämpften Franzosen und Briten auf San Vicente um die Vorherrschaft und die Garífuna entschieden, auf Seite der Franzosen gegen die Briten zu kämpfen. Als am Ende die Briten die Oberhand gewannen und die Insel in ihren Besitz nahmen, wurden die Garífuna zur Strafe, weil sie gegen sie Widerstand geleistet hatten, von der Insel vertrieben. Ende des 18. Jahrhunderts wurden sie an die Küste Zentralamerikas deportiert.
Von Punta Gorda auf Roatán aus gründeten sie nach und nach auf dem Festland Gemeinden, allein in Honduras ungefähr 50 Dörfer. Aber auch hier konnten sie nicht in Frieden leben. Anfang des 20. Jahrhunderts machten sich auf ihrem Land Bananenbarone breit. Später kamen Palmölmagnaten, Tourismusunternehmen und Privatleute, um sich ihr Feriendomizil am idyllischen Karibikstrand zu errichten. Der Platz zum Überleben für die Garífuna wird immer kleiner, Landwirtschaft immer schwerer und der Zugang zum Meer für den Fischfang immer beschränkter.
Viele Garífuna sehen in ihrer Heimat keine Lebensperspektive mehr und machen sich auf den gefährlichen Weg in Richtung USA, wo sie meist ohne legale Papiere leben.
Andere entscheiden sich, trotz der schwierigen Bedingungen zu bleiben und für den Erhalt ihrer Lebensgrundlage zu kämpfen. Sie werden dabei von der Garífuna-Organisation OFRANEH unterstützt, die für die Rückgabe des geraubten Landes kämpft. Seit vielen Jahren ist Miriam Miranda die Koordinatorin der Organisation. Sie selbst ist auf Bananenplantagen aufgewachsen, wo ihre Eltern sich als Plantagenarbeiter*innen verdingt hatten.
In Honduras werden Landrechts-Aktivist*innen kriminalisiert, bedroht, verfolgt oder gar ermordet. In den letzten Jahren wurden mehr als 40 Garífuna ermordet, weil sie sich für ihre Gemeinden und ihr Land eingesetzt hatten.
Melissa Martínez hat sich trotz Verfolgung und Bedrohung entschieden, für die Rechte der Garífuna zu kämpfen. Sie lebt in Punta Gorda in der ersten und heute einzigen Garífuna-Gemeinde auf Roatán. Dieses Kapitel erzählt davon, wie sie zur Aktivistin wurde.