Pressemitteilung

Vor Prozessbeginn: Massaker von Curuguaty in Paraguay muss rechtsstaatlich verhandelt werden

Prozessbeginn am 27. Juli / Bündnis kritisiert Unregelmäßigkeiten im Ermittlungsverfahren / Paraguayische Botschaft lehnt Dialog mit Zivilgesellschaft ab

Internationale Solidarität. Weltweit fragen sich Menschen, was wirklich in Curuguaty geschah (Foto: Articulación Que Paso?)

Internationale Solidarität. Weltweit fragen sich Menschen, was wirklich in Curuguaty geschah (Foto: Articulación Que Paso?)

[Aachen, Berlin, Köln, Hamm, 24. Juli 2015] – Drei Jahre nach dem Massaker im paraguayischen Curuguaty soll am Montag der Prozess zu dem Vorfall beginnen. Ein Bündnis von sechs deutschen Nichtregierungsorganisationen hat an die paraguayische Regierung appelliert, ein rechtsstaatliches und faires Verfahren zu gewährleisten sowie die Vertreibung von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern von ihrem Land unverzüglich zu beenden. Wie die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Brot für die Welt, FDCL, FIAN, MISEREOR und Oxfam mitteilten, war das dreijährige Ermittlungsverfahren von schwerwiegenden Unregelmäßigkeiten und Parteilichkeit der Justiz gekennzeichnet und bietet Anlass zur Sorge um deren Unabhängigkeit in der Hauptverhandlung.

Mehrere Anläufe des Bündnisses, mit der paraguayischen Botschaft in Deutschland in einen Dialog über Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechtsfragen zu treten, wurden mit dem Hinweis auf Terminschwierigkeiten, auch in den kommenden Monaten, abgelehnt.

Vor Ort ist zu beobachten, dass seit dem Massaker von Curuguaty Gewalt und Repression gegen indigene und kleinbäuerliche Gemeinschaften deutlich zugenommen haben. Personen, die ihre Menschenrechte einfordern, werden strafrechtlich verfolgt und öffentliche Proteste zunehmend gewaltsam unterdrückt. „Die Situation in Paraguay spitzt sich seit dem Massaker von Curuguaty weiterhin zu. Das Agrobusiness expandiert seither ausgesprochen aggressiv und kann hierbei auf Straflosigkeit oder gar Komplizenschaft der repressiven Kräfte des Staates bauen. Rechte der Bäuerinnen, Bauern und Indigenen werden systematisch verletzt“, so Regine Kretschmer, Lateinamerikareferentin bei FIAN.

Hintergrund

Bei der gewaltsamen Räumung einer Landbesetzung in Marina Kue im nördlichen Distrikt Curuguaty starben 17 Personen, unter ihnen elf Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie sechs Polizisten. Dieser Fall erfuhr große internationale Aufmerksamkeit, da er zum Anlass genommen wurde, den damaligen Präsidenten Fernando Lugo seines Amtes zu entheben.

Während die Staatsanwaltschaft nur die Todesumstände der Polizisten untersucht, nicht aber die der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, zeichnen unabhängige Untersuchungen von Seiten nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen ein ganz anderes Bild: Anschuldigungen über zahlreiche Menschenrechtsverletzungen, wie außergerichtliche Hinrichtungen und Folter von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, wurden bisher nicht nachgegangen. Beweise der Verteidigung blieben unberücksichtigt.

Der Prozessbeginn wurde mehrfach verschoben und schließlich auf den 27. Juli 2015 gelegt.

Pressemitteilung Paraguay-Curuguaty: 2015 07 24 PM Paraguay.Final

Communicado de prensa Paraguay-Curuguaty: s_Pressemitteilung Paraguay 1

Links:

Factsheet zu dem Massaker von Marina Kue-Curuguaty

Hintergrundartikel zur aktuellen Lage in Paraguay